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 Christian v. Ditfurth
 Wrangelstr. 91
 10997 Berlin
 Tel.: (030) 65006136
 Fax: (030) 96601198
 E-Mail

 Stand: 11. 1. 2005

Rezensionen:

 

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Kopfstand mit Folgen

Nieder mit dem Alleinvertretungsanspruch der Realität - dieser Spruch aus APO-Zeiten scheint Christian v. Ditfurth, 46, bei seinem politischen Roman "Die Mauer sieht am Rhein" inspiriert zu haben. Mit viel Phantasie stellt er die Geschichte auf den Kopf. In einer verkehrten Welt hat 1989/90 nicht der westliche Kapitalismus gesiegt, sondern Deutschland wurde im Zeichen des Sozialismus wiedervereinigt. Eine Neuordnung der weltpolitischen Interessensphären hatte den Amerikanern Kuba beschert und den Sowjets das westliche Deutschland, und diesen Kopfstand sowie die Folgen beschreibt der Autor, als Historiker und Ex-Kommunist mit Machtwechseln vertraut, in vielen konkreten Details. In Ditfurths Deutschland ist zehn Jahre nach der Wende die SPD von der SED geschluckt, sind CDU, CSU und FDP zu Blockparteien geschrumpft, die Grünen zwangsaufgelöst. Egon Krenz ist Partei- und Regierungschef, Karsten D. Voigt (Äußeres), Heide Simonis (Finanzen), Peter Boenisch (Information) sind Minister. Ditfurths Geschichtszauberstück läßt teilhaben an der Einrichtung einer Parteidiktatur und an der wundersamen Wandlungsfähigkeit politischer Überzeugungen. Manches ist plausibel; vergnüglich zu lesen sind auf alle Falle die Analogien zum wirklichen Leben.
Spiegel Spezial, Nr. 8/1999

 

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Was wäre, wenn die DDR die BRD einkassiert hätte und nicht umgekehrt? Dann wären die Genossen am Ruder und Zürich einmal mehr das Ziel vieler Emigranten. Wie Joschka Fischer und Co. vor den Kommunisten ins Schweizer Exil fliehen, schildert von Ditfurth in dem Politmärchen, das als soziologische Vision und Realsatire zugleich überzeugt.
Schweizer Illustrierte, 26. 7. 1999

 

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Fast wie im richtigen Leben ...

Nach seinem Umzug aus politisch erzwungenen Umständen schickte mir der Verlag Kiepenheuer und Witsch, ein ehemals deutscher Verlag, der nun in der Schweiz sein kapitalistenfreundliches Dasein fristet, ein Buch des Republikflüchtlings Christian v. Ditfurth, das sich mit der Vereinigung der Bundesrepublik mit der DDR zur DRD (Demokratische Republik Deutschland) beschäftigt.
Ditfurth, dieser Nestbeschmutzer, beschönigt die Untergrundarbeit der Renegaten Lafontaine, Kohl, Graf Lambsdorff (Kopf einer finanzkapitalistischen Verschwörung), Joschka Fischer und Heiner Geißler, die es schafften, sich ins Ausland abzusetzen, um von dort gegen die großartige Arbeit unserer Genossen Egon Krenz, Karsten D. Voigt und Peter Boenisch in Berlin, der Hauptstadt der DRD, zu polemisieren, die dafür gesorgt haben, daß wir nun in einem vereinigten sozialistischen Deutschland leben und endlich, dank der heldenhaften Strategie der KPdSU, unser Vaterland von allen NATO-Schergen befreit ist.
Lügen verbreitet er auch über die Qualität der PKW des sozialistischen Autogroßkombinats VEB Süd, in denen die vom Volke übernommenen kapitalistischen Automobilwerke BMW und Daimler-Benz großartige Produktionsschlachten schlugen und den zweiten Fünfjahresplan um 1000 % übererfüllten.
Es stimmt auch nicht, daß in Wolfsburg (ehemals VW) lange Wartelisten für den "Baikal" und den "Amur", Nachbauten der 80er-Jahre-Modelle Polo und Golf geführt werden.
Ditfurth lügt auch zum Schicksal der Grünenpolitikerin Vollmer. Sie war zwar einige Zeit in einem Umerziehungslager, hat aber dann rasch einsehen, daß die Segnungen des Sozialismus auch ihr noch eine Chance gaben. Sie ist Vizepräsidentin der Großen Volkskammer der DRD.
Dieses Buch des Kommunistenfeindes Ditfurth, der schon Jahre vor der Sozialistischen Deutschvereinigung SED-Genossen als "Blockflöten" bezeichnete, ist nicht zum freien Verkauf zugelassen, es wird auf Anraten des Kulturministers Kant bei der nächsten sozialistischen Büchervernichtung, veranstaltet von den Jungen Pionieren, zusammen mit Werken von Handke, Tomayer, Droste, Jelinek und Turrini den reinigenden sozialistischen Flammen überantwortet.
Zum Abschluß noch die Meinung von meinem großen Vorbild, dem Vorsitzenden des Bundes Sozialistischer Bücherkritiker Reich-Ranicki: "Ain schkandalösses, säährrr schlächtäss Buch!"
Dieter Braeg, Stadtmagazin Mönchengladbach und Stadtmagazin Krefeld, August 1999

 

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Die rote Wende!

Die rote Wende! Das Buch beschwört einen fürchterlichen Konjunktiv der Geschichte herauf: Bundesrepublik und DDR 1990 vereint als "Demokratische Republik Deutschland", die Mauer von der Elbe verschoben an den Rhein, wo nun die Nationale Volksarmee "die Wacht" hält: keine demokratische, eine rote Wende! Welthistorische Kulisse: Nach dem Sturz Gorbatschows 1988 erklären die neuen Machthaber, Russland habe mit den Westdeutschen noch eine Rechnung offen. Endlich reiner Tisch: "Ganz Deutschland sozialistisch - oder Krieg!" Die Welt steht vor der Frage: "Why die for Germany?" Doch lieber nicht!
Der Deal kommt zustande, der Preis wird bezahlt, natürlich über die Köpfe der Westdeutschen hinweg, und wie die sich nun nach "vollendeten Tatsachen" in der neuen Sicherheitsarchitektur einrichten oder widerstehen, das ist das Glacis, auf dem sich die Fantasie des Autors tummelt - von einem Entsetzensschrei der Leserschaft zum nächsten.
"Was meinen Sie, wie viele Kollaborateure es dann gegeben hättet!" So einmal Gregor Gysi höhnisch in einer Talkshow bei Erich Böhme, nachdem ich dort den Albtraum just solcher realsozialistischer Wende an die Wand gemalt hatte. Ein entlarvender Primäreffekt, nur - so schief lag "IM Notar" damit gar nicht, wenn man dieses Buch über Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus für bare Münze nähme. Peter Boenisch jetzt ZK-Sekretär unter Egon Krenz, Politbürohaupt der "Sozialistischen Einheitspartei der Demokratischen Republik Deutschland"; Jürgen Möllemann, klar, aufseiten der Sieger wie auch die Redaktionskollegien von der ZEIT und dem Spiegel, allerdings mit Rudolf Augstein im Tessiner Exil, das Helmut Kohl nun an Österreichs Wolfgangsee daueraussitzt.
Sportberichterstatter Heribert Faßbender macht als "sabbelnder Angepaßter" im DDF, dem "Demokratischen Deutschen Fernsehen, Erstes Programm", da weiter, wo er in der verblichenen Bundesrepublik aufgehört hatte, wogegen sich Graf Lambsdorff als Kopf einer finanzkapitalistischen Verschwörung im Knast sieht. BMW und Daimler-Benz sind zum "VEB (Volkseigener Betrieb) Autobau Süd" verschmolzen, die neuen Modelle von VW heißen "Baikal" und "Amur". Das Buch von der Zweiten Schuld steht übrigens auch auf dem Index der DRD, ohne dass etwas über das weitere Schicksal des Urhebers verlautet.
Der Chronist, ein rechtzeitig geflohener Sportredakteur, schreibt das alles 1999 auf in einer Schweiz, die sich den Verfemten gegenüber benimmt wie gehabt. Eine atemberaubende Lektüre.
Christian v. Ditfurth sagt: Es hätte so kommen können, die Realität sei immer nur eine Möglichkeit der Geschichte. Ich habe, jedenfalls in diesem Falle, meine Zweifel an der These. Aber was der Autor da gegen den Indikativ der Geschichte ausgebrütet hat, das sollte, Treuhand hin, Treuhand her, selbst einen Einheitsskeptiker wie Günter Grass über den tatsächlichen historischen Ablauf in schieres Aufatmen versetzen - meinetwegen klammheimlich.
Ralph Giordano, Die Zeit, 10. 8. 1999

 

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Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung. "Ich habe Heimweh, aber keine Sekunde wünsche ich, nach Deutschland zurückzukehren. Nicht solange Krenz und Genossen das Sagen haben, Zyniker der Macht alle miteinander", meint der fiktive Ich-Erzähler des Romans, seines Zeichens Sportjournalist und Emigrant in der Schweiz. Ganz Deutschland ist von den Sozialisten besetzt. Ganz? Ja, ganz. Der Roman "Die Mauer steht am Rhein" spielt mit den Optionen der Geschichte. Was wäre, wenn 1989 nicht die Wende im Osten stattgefunden hätte, sondern statt dessen ein Anschluß des Westens an den Osten zu einer wiedervereinigten "DRD" (Demokratischen Republik Deutschland)? Was sich zunächst anhört wie ein weit hergeholter Erzählstrang, wird von Autor Christian von Ditfurth verblüffend plausibel gemacht. Dem Leser kommen kaum Zweifel: So hätte es auch kommen können! Auf zwei Wegen erzählt "Die Mauer steht am Rhein" die Geschichte der roten Wiedervereinigung: Zum einen werden die politischen Hintergründe aufgerollt, zum anderen ist es die persönliche Geschichte eines Sportreporters der "Rheinischen Post", der sich zunächst dem Druck beugt und sich anpaßt - und versehentlich, Stück für Stück, in die Opposition schliddert, bis ihm nur noch der Weg über die hermetisch abgeriegelte Grenze in die Schweiz bleibt. Spaß macht beim Lesen vor allem die Liebe zum Detail, denn die Politiker sind so geschickt in ihren Persönlichkeiten aufgenommen und weitergesponnen worden, daß man sich oft ein Grinsen nicht verkneifen kann. Helmut Kohl beispielsweise ist mit Sekretärin geflüchtet, während Hannelore im Sozialismus ausharrt. Oder Egon Bahr, der sich (zu) spät für eine Rolle in der Opposition entscheidet. Norbert Blühm und Otto Schily müssen ihre letzten Wertsachen wie Eheringe versetzen, weil sie im Exil in Zürich sonst nicht überleben können. Auch die Skizzen der Ost-Politiker sind gut gelungen, Erich Honecker mit seiner Liebe zu ausschweifenden historischen Rückblicken oder der ehrgeizige Hermann Axen. Daß es die Sowjetunion nach dem Sturz Gorbatschows in einem geschickten Propaganda-Feldzug schafft, die Westmächte von einer roten Wiedervereinigung zu überzeugen, scheint in diesen Bahnen der Geschichte sehr glaubwürdig. Bedrückend sind die persönlichen Erfahrungen des Sportjournalisten, wie die tägliche Repression zunimmt und sich Freunde anpassen - und er sich selbst auch. Zeitungen wie "Bild", "Zeit" und "Rheinische Post" knicken ein und verbreiten sozialistische Propaganda: Honecker als Generalsekretär der Einheit! Die Überwachung nimmt zu, die Fülle in den Regalen ab. Schließlich bleibt nur die gewagte Flucht - an dieser Stelle hätte ich mir vielleicht noch mehr Spannung und Ausführlichkeit gewünscht. Statt dessen gibt es lange Erklärungen über die Wirtschaftsfaktoren der roten Einheit - auch nicht uninteressant. Die Flüchtlinge versuchen, den Widerstand per Internet zu organisieren, aber die Stasi ist schlauer. Das Szenario, das zunächst noch amüsant ist, wird zunehmend bedrückender. Was, wenn es wirklich so gekommen wäre? Wenn Oppositionelle wieder in Internierungslagern verschwänden? Dieses Buch spielt zwar mit der Geschichte, es ist aber in dem Maße auch Geschichtsbuch: Gegen das Vergessen und die Ewig-Gestrigen, die heute noch von der DDR träumen. Der Schluß? Wird nicht verraten. Der hat mich zum Ende noch einmal richtig überrascht - und ins Grübeln gebracht.
Meike Wulf, http://ddr-im-www.de; Beachten Sie auch Meike Wulfs Seite über Erich Honecker: http://home.t-online.de/home/O.Wulf/

 

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Honni ante portas
Mal nachdenklich, mal bissig: Eine Politsatire zum Schmunzeln
Christian von Ditfurth fragt, was passiert wäre, wenn die DDR die Bundesrepublik übernommen hätte.

Und wenn alles ganz anders gekommen wäre? Damals, vor zehn Jahren? Wenn die DDR nicht in der Bundesrepublik, sondern die Bundesrepublik in der DDR aufgegangen wäre und Ostberlin am Ende den historischen Sieg über die Geschichte und den Westen davongetragen hätte?
Wissenschaftler dürfen die Frage nicht stellen. Publizisten schon. Genau dies hat Christian von Ditfurth getan. Passend zum deutsch-deutschen Jubiläum in diesem Jahr legt er mit seinem Buch seine Version der Einheit vor.
Eine phantastische Geschichte. Von Ditfurth bürstet den Weltenlauf gleichermaßen gegen den Strich: Die marode DDR und der greise Erich Honecker übernehmen die Bundesrepublik. Die politische Klasse in Bonn wird nach und nach gleich- und danach ausgeschaltet: zuerst die Grünen, dann die SPD, am Ende die übrigen Parteien. Wer kann, flüchtet ins Ausland. So der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine. Er geht ins Exil nach Frankreich, nicht ohne zuvor - von Saarländer zu Saarländer - Honecker die Hand zur Versöhnung gereicht zu haben. Dass Ostberlin die Hand allein nicht reichte und dass man dort - von Moskau ermuntert - schnell mehr wollte, merkt Lafontaine zu spät.
Andere sahen da schon klarer: Helmut Kohl hat sich grollend an den Wolfgangsee zurückgezogen. Heiner Geißler, Joschka Fischer, Björn Engholm, Gerhard Baum und die Grünen Verena Krieger und Antje Vollmer versuchen, in der Emigration in Zürich die zersplitterten demokratischen Kräfte der Ex-Bundesrepublik zu organisieren. Vergebens. Am Ende schließen sich auf einem Vereinigungsparteitag die SED unter Honeckers Nachfolger Egon Krenz und die SPD unter ihrem neuen Vorsitzenden Karsten Voigt zur "Sozialistischen Einheitspartei" der "Demokratischen Republik Deutschland" (DRD) zusammen. Deutschland Ost und Deutschland West sind - politisch - vereint.
Ditfurth schildert all dies mal trocken authentisch, mal nicht ohne einen Anflug bitterer Ironie, als ob der Lauf der Dinge überhaupt so und nicht anders hätte passieren können. Immer wieder blitzt dabei seine Lust am Spiel mit dem Undenkbaren hervor. Beispielsweise, wenn er die Bemühungen Ostberlins schildert, Willy Brandt für die Einheit zu gewinnen. Oder beim Schicksal Lambsdorffs: Der Graf wird in der geeinten "DRD" als Kopf einer "finanzkapitalistischen Verschwörung" verhaftet. Und keiner wirbt für die Erfolge des neuen Deutschland so vollmundig wie "Bild"-Kolumnist Peter Boenisch, der ins Politbüro und zum Informationsminister aufgestiegen ist.
Alles verläuft streng nach Plan, auch die wirtschaftliche Vereinigung: BMW und Daimler-Benz schließen sich zum "VEB Autobau-Süd" zusammen. Wolfsburg, ehemals "Volkswagen", führt lange Wartelisten für den "Baikal" und den "Amur" - Nachbauten der Modelle "Golf" und "Polo" aus den achtziger Jahren. Und auch der Mangel stellt sich ein. Ausgerechnet in Castrop-Rauxel lässt von Ditfurth den ersten "Intershop" im Westen entstehen: Hier gibt es gegen Dollar, Francs und britische Pfund alles, was der "nichtsozialistische Westen" zu bieten hat. Ihn trennt vom deutschen Einheitsstaat "die Mauer". Sie wandert gen Westen. Wieder einmal schieben deutsche Soldaten, jetzt der NVA, "Wacht am Rhein".
Alles nur Unsinn? Alles nur Hirngespinste, die von Ditfurth sich da ausgedacht hat? Vielleicht nicht ganz. Denn das macht den besonderen Reiz des Buches aus: Von Ditfurth bettet seine Version der deutschen Einheit äußerst geschickt und clever in das Szenario einer internationalen Großwetterlage ein, die vor zehn Jahren so ganz auszuschließen nicht war. Sprach nicht selbst George Bush nach dem Ende des Golfkrieges von einer "neuen Weltordnung"? Bei von Ditfurth wird sie zur Wirklichkeit: Amerika und Russland sind des Wettrüstens müde und teilen sich die Welt auf: Fidel Castro wird gestürzt, Kuba wieder amerikanisch, im Gegenzug zu Erfolgen Moskaus in Afghanistan. Der Clou aber ist das Ende der Nachkriegszeit in Mitteleuropa. Ausgerechnet im Barschel-Hotel "Beau Rivage" dürfen Kohl und Genscher die Forderung der Alliierten entgegennehmen, Deutschland solle als Ganzes in die Unabhängigkeit entlassen werden. Ostberlin steht parat, Bonn ist unvorbereitet.
Christian von Ditfurths Gedankenspiel ist nicht nur reizvoll nachzuvollziehen. Es unterstreicht, gewollt oder nicht, geradezu, welch einzigartige Chance sich 1989/90 für die Deutschen eröffnete. Bester unterhaltsamer Lesestoff also, wenn Festtags- und Jubiläumsansprachen allzu viel Langeweile aufkommen lassen.
Christoph Birnbaum, Rheinischer Merkur, 10. September 1999

 

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SWR-Buchtip

Mit dem Humor ist es - wie mit dem Geschmack - so eine Sache, um Christian von Ditfurths Buch zu lesen, benötigt man welchen und am besten den des Autors. Der hat sich nämlich eine recht verwegene Geschichte ausgedacht. Nachdem er als Historiker ausgiebig in Analysen und Berichten über den Osten publiziert hatte, beschloss er, nun mit dem historischen Material zu spielen, nach dem Motto - was wäre, wenn. Wie könnte beispielsweise die Entwicklung ab 1988 verlaufen sein, wenn damals Gorbatschow durch einen Militärputsch gestürzt worden wäre? So dachte der Autor und entwickelte eine utopische Erzählung, in der es zwar auch zur Vereinigung der Deut-schen kommt - aber unter Herrschaft der Kommunisten. Das ist auf den ersten Blick absurd, nicht nachvollziehbar und scheint allenfalls geeignet als Gag für unsere Spaßgesellschaft - just for fun.
Genauer besehen ist die Handlung in ihrer Überbetonung des Negativen regelrecht makaber. Die Westdeutschen revoltieren gegen das Honecker-Krenz-Regime, sie begehen eine Art 17. Juni, und die Panzer rücken ihnen auf den Leib. Zigtausende fliehen, Zigtausende werden inhaftiert, Angst geht um. Als liefe ein Film rückwärts, geht es mit der Wirtschaft bergab, immer mehr Dinge funktionieren schlechter oder bald gar nicht mehr. Die DDR in ihrer frühesten Gestalt rückt immer näher. Denunziation und Spitzeltum, Schauprozesse, Todesstrafe und Internierungslager erleben eine Renaissance. Der leibhaftige, wirklich stattgefundene Horror! Dagegen bleibt George Orwell eher hypothetisch.
Was hat Christian von Ditfurth zu dieser literarischen Form bewogen? Er will den Sozialismus aufs Korn nehmen, und zwar gründlich. Und weil das am besten mit einer Satire geht, überspitzt, ironisiert und karikiert er, wo er nur kann. Er macht die kommunistischen Machthaber mit ihren dummdreisten Argumenten lächerlich, samt ihrem System, in dem die Guten belohnt und die Bösen bestraft werden. Auch die westdeutschen Zeitgenossen, die plötzlich dem Sozialismus anhängen oder sich ihm beugen, kann er nicht verschonen. Er hält allen den Spiegel vor, wie sie sich mehr oder weniger verwandeln, wenn sich die Umstände ändern. Fast peinlich zu lesen ist, wie besonders die Medienmacher, nicht nur die immer schon irgendwie linken, bei Ditfurth die Kurve kriegen.
Das Buch ist eine jener gewagten Mischformen von Dokumentarischem und Fiktivem, die in ihrer Zwiespältigkeit nicht selten befremdend wirken. Bei Ditfurth ist die Verschmelzung beider Anteile im wesentlichen gelungen.
Die politischen Ereignisse sind in eine Ich-Erzahlung eingebettet, die selbst allerdings dramaturgisch schwach ist. Die Spannung liegt auf der Ebene der politischen Handlungen, hier ist auch Identifikation gegeben, denn der Leser kennt das Geschehen und die agierenden Personen, die sämtlich der Wirklichkeit entstammen. Da lässt es sich schmunzeln, namentlich über Leute wie Peter Boenisch als Informationsminister und ZK-Sekretär, Horst Eylmann als Minister für Justiz oder Karsten Voigt als Innenminister und Freund von Staatschef Egon Krenz.
Nur fürs Vergnügen ist das Buch aber wohl doch nicht Hat man sich erst in die verkehrte Welt eingelesen, ist die Grund-Pointe verflogen, und man denkt mit, prüft, zweifelt, sieht bestätigt und entdeckt so die ernste Seite der Geschichte, die Intention des Autors, die eigentlich eine aufklärerische ist. Auf unterhaltsame Weise wird das politische System der DDR verdeutlicht und bloßgestellt. Dazu dient schon allein die Grundkonstellation der Erzählung - der Osten hat die Macht, und der Westen hat sich unterzuordnen. Ist das doch nichts anderes als ein Spiel mit vertauschten Rollen, dessen Ziel in der Psychotherapie bekanntlich die Selbsterfahrung ist. Amüsant, dass diese erkenntnisvermittelnde Methode auch hier funktioniert. Hinzu kommt ein immenses Fakten- und beachtliches Insiderwissen des Autors. So ist das von Ditfurth erfundene Konstrukt in sich von großer Plausibilität, und nur wer humorlos ist, wird hinterfragen, ob es auch nach außen haltbar ist. Der Autor lässt - als selbstironischen Kunstgriff - seine Erzählfigur sagen: So oder wenigstens so ähnlich ist es gewesen.
Anne Stabrey, Südwestrundfunk, 25. August 1999

 

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Wenn der BFC Dynamo gegen FC Vorwärts Dortmund spielen müsste
Christian von Ditfurth fabuliert rege um einen fiktiven Sieg des Sozialismus in Deutschland

Christian von Ditfurth hat sich mit Zeitgeschichte in der ostdeutschen Region schon wiederholt beschäftigt. "Blockflöten" (1991) über die Vergangenheitsverdrängung der Ost-CDU und "Ostalgie" (1997), eine kritische Auseinandersetzung mit der PDS, boten genügend Diskussionsstoff nicht nur bei den Adressaten. von Ditfurth versteht es, Anliegen lesewirksam zu artikulieren.
Das macht auch den Reiz seines neuen Buches aus. "Die Mauer steht am Rhein" heißt es und gibt sich mit diesem Titel gleich als ein Wende- oder Gegenwende-Roman, als eine recht kühne und - für den, der gewarnt sein will - auch warnende Fiktion zu erkennen. v. Ditfurth schreibt das Szenarium einer in den Komplementärfarben verlaufenen deutschen Wiedervereinigung. Dieses "Was wäre, wenn", das mit dem Untertitel "Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" angesprochen wird, kehrt den von uns erlebten historischen Entwicklungsprozess um. 1988 stürzen Stalinisten um Ligatschow den Reformer Gorbatschow und stellen in der Sowjetunion die alten Verhältnisse wieder her. Sie drehen an der Rüstungsspirale und bringen die Menschheit an den Abgrund eines dritten Weltkrieges. Für dessen Verhinderung sind die Westmächte und Alliierten des zweiten Weltkrieges - USA, Frankreich und Großbritannien - bereit, Deutschland als Preis zu zahlen. Es wird aus den beiden Pakten entlassen, neutralisiert und wiedervereinigt, wofür die Sowjetunion die Kontrolle übernimmt.
Es vollzieht sich ein gegenüber unseren Erfahrungen konterkarierter Einigungsprozess. Die westdeutschen Parteien orientieren sich am ostdeutschen sozialistischen System. Bestimmte Politiker - v. Ditfurth arbeitet mit den realen Namen, was ebenso mutig für ihn wie vergnüglich für seine Leser ist - biedern sich in Ost-Berlin an, würdigen die "Aufbauleistungen" der DDR und versuchen, ihre Parteien, vorwärtseilend, zu treuen Verbündeten der Arbeiterklasse zu machen. Andere, denen die historische Erfahrung mit den Kommunisten nicht entfallen ist, gehen in die Emigration. Der Bundestag beschließt, wie einst die Volkskammer, noch Gesetz um Gesetz, um die Einigung vorzubereiten. Die Sowjets und die DDR sehen dem allem wohlgefällig zu, sprechen die notwendigen Garantien für Freiheit, Demokratie, Pluralismus aus. Sie versprechen alles, allerdings unter Sicherheitsvorbehalt. Immer wieder nur das eine: Sicherheitsvorbehalt.
Nachdem am 3. Oktober 1990 (!) die Wiedervereinigung vollzogen ist, setzt - erst langsam, dann immer schneller werdend - ein beispielloser stalinistischer Unterdrückungsfeldzug gegen die Gegner von Gleichschaltung und Unfreiheit, Andersdenkende ein. Sie kommen, wenn ihnen nicht die Flucht gelingt, in Intemierungslager, werden zu langjährigen Strafen verurteilt. Schnelle Wendung und Anpassung sind Preis für das Überleben. Der Slogan gilt: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben - oder der Genosse Mielke." Das vereinigte Deutschland ähnelt der DDR, ist ihre Karikatur.
Erzählt wird dies aus der Sicht eines geschassten Sportredakteurs, der sich erlaubt hatte, die Manipulation des Fußball-Endspiels um die Deutsche Meisterschaft zwischen dem BFC Dynamo und dem FC Vorwärts Dortmund anzuprangern.
v. Ditfurths Idee ist nicht neu, mit dem vorhandenen Politik- und Gesellschaftspersonal einen historischen Prozess durchzuspielen. Reinhard Andert hatte das mit "Rote Wende" (Elefanten Press, 1994) mit einer fiktiven Dokumentation ganz famos getan. v. Ditfurth versieht sein Werk mit erzählerischem Raffinement und ironischer Schärfe. Er klagt doppelt an: was in der DDR gewesen ist und sich hätte wiederholen können und wie sich die Einheit vollzogen hat. Spannung und Vergnügen stellen sich so ein.
Klaus Wilke, Lausitzer Rundschau, 21. August 1999

 

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Alptraum der Wende
Rainer Eppelmann über Christian v. Ditfurths Roman "Die Mauer steht am Rhein"

Ich weiß genau, von wann an ich mir Sorgen um meinen Freund CvD machte. Der sonst immer so muntere Journalist war ab Ende Juni 1995 nicht mehr gut drauf.
Er vergaß Termine, schaute bei Gesprächen unter vier Augen immer wieder wie gehetzt hinter sich, wechselte seine Wohnungen und wirkte häufig so, als ob er auf der Flucht sei.
Richtige Sorgen machte ich mir aber erst, als CvD eines Tages bei einer unverhofften Begegnung im Foyer des neuen Plenarsaals am Bonner Rheinufer ganz erstaunt zu mir sagte: "Was Rainer, haben sie dich wieder freigelassen?" Auf alle Nachfragen, was er denn mit dieser Bemerkung gemeint habe, verweigerte er jedoch standhaft jede Antwort.
Da begann ich, genau nachzurechnen, ab wann mein Freund sich so seltsam aufführte. Richtig, es war der 22. Juni 1995. Da hatte der PDS-Abgeordnete Gerhard Zwerenz im Bundestag ehemalige DDR-Dissidenten als "paranoide Revolutionsparodisten" und "Hitlers Kinder" beschimpft und gedroht: "Wir werden die Umtriebe protokollieren für die nächste Wende. Sie kommt gewiss in diesem wendereichen Zeitalter."
Die Zwerenz-Drohung muss CvD irgendwie aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Er wusste von den Internierungslisten, die die Vorgängerpartei der PDS, Erich Honeckers SED, 1989 für die DDR-Bürgerrechtler vorbereitet hatte.
Und er hatte auch einen Blick auf die Internierungslisten West von 1988 geworfen, nach denen am Tag der Machtübernahme 1400 BRD-Bürger, darunter Richard von Weizsäcker, Ulrich Schwarz vom SPIEGEL und Franz Alt von "Report" sowie linke Kirchenmänner wie Heinrich Albertz und Kurt Scharf zur Verbringung in Lager vorgesehen waren.
CvD ist ein kluger Mensch. Er diagnostizierte seine Angst vor einer "nächsten Wende" als Psychose und folgte dem Rat einer noch klügeren Freundin: "Schreib alles auf, wovor du dich fürchtest!"
CvD hat aus seinen Ängsten gleich ein ganzes Buch gemacht. Ich habe "Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" an einem einzigen Abend in der Stille meiner Friedrichshagener Wohnung gelesen, und es wurde mir ganz anders: CvD hat seinen Alptraum so aufgeschrieben - mit allen Details und allen Namen -, dass ich froh war, als ich in den "Tagesthemen" sah, wie Bundeskanzler Schröder den alten Volvo von "Onkel Herbert" aus der SPD-Baracke herausfuhr und Außenminister Fischer im feinen Zwirn zu diplomatischer Höchstform auflief.
Gott sei Dank nur ein Alptraum. Aber was für einer!
Der Journalist CvD gehört zu den 300 000 Menschen, die seit dem Herbst 1990 als Emigranten in die Schweiz geströmt sind. Am 3. Oktober 1990 wurde die Demokratische Republik Deutschland (DRD) gebildet, nachdem sich die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges darauf verständigt hatten, die deutsche Frage durch eine umfassende Neutralisierung Deutschlands und die Bildung einer Konföderation der Bundesrepublik mit der DDR zu lösen. Zur Absicherung der alliierten Beschlüsse übernahm die Sowjetunion die Kontrolle über Gesamtdeutschland und stationierte ein auf 100 000 Soldaten begrenztes Militärkontingent in Westdeutschland.
Seitdem sind die Isolierungslager in der DRD überfüllt, die gesamtdeutschen Grenzen sind besser geschützt, als es die alten der DDR je waren, die SED ist zur Sozialistischen Einheitspartei der Demokratischen Republik Deutschland (SEdDRD) mutiert, die den DRD-Volkstag beherrscht.
Der Pfarrer Rainer Eppelmann sitzt im Zuchthaus Bautzen, Justizminister Horst Eylmann von der Blockflötenpartei CDU erklärt, er kenne keine politischen Straftäter, sondern nur Kriminelle, IG-Chemie-Chef Hermann Rappe hat längst gestanden, als "Agent des USA-Imperialismus" im Auftrag von Georg Leber die Gewerkschaften indoktriniert zu haben.
Der Städteexpress "Feliks Dsershinski" verkehrt zwischen Warschau und Basel, Wolfgang Mischnicks Memoiren "Vom Liberalismus zum Sozialismus. Ein Leben für Deutschland" sind ein Bestseller, EU-Kommissar Martin Bangemann lebt seit der Einheit von einer fetten EU-Rente in Waterloo, der SPIEGEL hat mit "ausgefeilter Rabulistik" gerade noch die Kurve gekriegt (Ex-SPIEGEL-Herausgeber Rudolf Augstein sitzt irgendwo im Tessin).
Coop und die DDR-Handelsorganisation (HO) fusionieren, die Club Cola vom VEB Getränkewerk Berlin ist zum Nationalgetränk avanciert, die DRD bekennt sich zum Antifaschismus und leistet deshalb keine weiteren Zahlungen an Nazi-Opfer. Die maximale Dauer der Untersuchungshaft ist auf vier Jahre heraufgesetzt, Innenminister Wolfgang Schäuble legt ein Gesetz über die Wiedereinführung der Todesstrafe vor, in der grünen Partei spricht Andrea Lederer für "die demokratischen Kräfte", die GEW bildet Schulgewerkschaftsleitungen (SGL).
In fast allen SPD-Landesverbänden haben sich "Sozialistische Arbeitsgemeinschaften" gebildet, auf dem II. SEdDRD-Parteitag, der im Mai dieses Jahres stattfand, bekannte sich die Partei zum Marxismus-Leninismus und zum Aufbau des Sozialismus, Egon Krenz wurde zum Generalsekretär gewählt und Politbüromitglied Karsten D. Voigt mit dem Amt des Ministerpräsidenten und stellvertretenden Staatsratsvorsitzenden betraut.
Der "Polo" heißt nun "Baikal", Daimler-Benz und BMW fusionierten zum Volkseigenen Betrieb (VEB) Autobau Süd, Siemens gehört wie Bosch zum VEB Elektrotechnik "Ernst Thälmann".
Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher, Joschka Fischer, Hans-Jochen Vogel, Björn Engholm beschwören im Exil die Werte des Grundgesetzes, Genscher fordert: "Lasst Lambsdorff frei!" Und im "Literarischen Quartett", das jetzt aus Wien übertragen wird, charakterisiert Marcel Reich-Ranicki Hermann Kants neues Nationalepos "Die Einheit" in gewohnt heftiger Manier "Ein durch und durch abscheuliches Buch."
Der Journalist CvD, der sich an der gleichgeschalteten "Rheinischen Post" trotz mancher Anpassungsbemühungen nicht halten konnte und als kleiner Korrektor beim Kirchenblatt "Froher Bote" herausflog, weil er übersehen hatte, dass der Druckfehlerteufel aus der "fruchtbaren Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte" die "furchtbare Zusammenarbeit" gemacht hatte, beobachtet aus seinem Schweizer Exil genau, wie schnell sich die westdeutsche Gesellschaft den neuen Erfordernissen anpasst.
Der Aufstand im April 1993 mit seinem Zentrum in der Kohlenpott-Stadt Castrop-Rauxel blieb eine Episode, wurde schnell niedergeschlagen, sorgte aber auch dafür, dass bald danach die ersten Intershops eingerichtet wurden.
CvDs Enthüllungen über die deutsche Einheit, ihre Vorgeschichte und ihre Verwirklichung sind ein großes Stück investigativer Journalismus und werden bald auch zu den klassischen Geschichtsbüchern gezählt werden.
Ich bin CvD dankbar für sein Alptraumbuch. Seit ich es gelesen habe, weiß ich noch besser, was wir Ossis an der Bundesrepublik haben - trotz ihrer zahlreichen Macken.
ch hoffe, dass auch CvD nun wieder ruhig und ohne Alpträume schläft.
Rainer Eppelmann, Der Spiegel, Nr. 41/1999 (11. Oktober 1999)

 

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Ein Sportredakteur ist plötzlich seinen Job los. Dank einer Fügung wird er nun zum Korrektor des "Frohen Boten", der Zeitung des Bistums Essen. Als ein kleiner Druckfehler, den er übersehen hat, scheinbar tragische Konsequenzen nach sich zieht, wird er zum Sünden-bock gestempelt. Also beschließt er, in die Schweiz auszuwandern. Zehn Jahre nach dem Mauerfall zieht Christian von Ditfurth in "Die Mauer steht am Rhein" ein humorvolles und treffsicheres politisches Fazit. Es ist ein gehaltvolles Polit-Kaleidoskop, das ohne bissige Seitenhiebe auskommt.
Unicum - Das Hochschulmagazin, Nr. 10/1999

 

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Christian von Ditfurth lügt! Und das in einer unverschämten Weise. Als Republikflüchtling sollte er jedes Recht verwirkt haben, seine Lügen unters Volk zubringen. Aber der kapitalistische Verlag Kiepenheuer & Witsch, der sich nach der deutschen Vereinigung dem sozialistischer Eigentum des Volkes entzog und in die Schweiz ging, gibt von Ditfurth noch weiter die Möglichkeit, seine staatsfeindlichen Hirngespinste zu verbreiten. Und so kann der Aristokratenspross behaupten, dass sich mit der Vereinigung der Bundesrepublik mit der DDR zu unserer Demokratischen Republik Deutschland die Lebensumstände verschlechtert hätten.
Er verbreitet Lügen über die Qualität des sozialistischen PKWs. Das Autogroßkombinat VEB Süd, das die vom Volk übernommenen kapitalistischen Werke BMW und Daimler-Benz vereinigte, hat den zweiten Fünf-Jahres-Plan um 150 % übererfüllt. Und in Wolfsburg - ehemals VW - werden keine Wartelisten, wie Ditfurth behauptet, für die Modelle "Baikal" und "Amur" - Nachbauten der kapitalistischen Modelle Polo und Golf - geführt.
Auch wenn mancher diesen abgenutzten Verleumdungen unseres neuen sozialistischen Staates Glauben schenken mag - Ditfurth steht als Nestbeschmutzer direkt neben Republikflüchtlingen wie Joschka Fischer, Kohl, Graf Lambsdorff, Geißler und Lafontaine, die sich auch am Zürich-See in der Schweiz dem Fortschritt entzogen haben. Diese Unbelehrbaren sind Kopf einer Untergrundorganisation von Konterrevolutionären, die die erfolgreiche Arbeit unsere Genossen Egon Krenz, Karsten D. Voigt und Peter Boenisch diffamieren und unseren jungen Staat untergraben wollen.
In einem nun endlich vereinigten sozialistischen Deutschland sind nur die SED-Genossen zusammen mit unseren sowjetischen Freunden aus der großen Bruderpartei KPdSU die Garanten dafür, dass unser Vaterland aus den Klauen der NATO-Schergen befreit wurde und sich auch weiterhin erfolgreich gegen die immer wiederkehrenden Aggressionen erwehren kann. Jeder aufrichtige deutsche Sozialist ist ihnen zu großem Dank verpflichtet.
Von Ditfurth, dieser voreingenommene und uneinsichtige Republikflüchtling, schreibt zwar in einem journalistischen, sachbuchhaften und nüchternen Ton, doch davon werden seine Lügen kaum wahrer. Um solche Subjekte brauchen wir als wahrhaftige Sozialisten nicht trauern - um sie ist es nicht schade. Die Demokratische Republik Deutschland weint ihnen keine Träne nach!
So bleibt mir auch nichts anderes übrig, als unseren SED-Genossen zu empfehlen, das Buch nicht zum freien Verkauf zuzulassen. Wir brauchen kein solches Blendwerk, das den grandiosen Aufbau des Sozialismus auf dem Weg zum Kommunismus leugnet. Kulturminister Kant steht in der Verantwortung, von Ditfurths Werk zusammen mit dem von Stuckrad-Barre, Droste und Handke, Hacke und Heidenreich den reinigenden sozialistischen Flammen zu übergeben. Nieder mit den infamen Lügen der NATO-Strohmänner und Staatsfeinde der Demokratischen Republik Deutschland!
Marcel Roth, Radio Campus, Bochum

 

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Wenn es anders gekommen wäre
Dissidentenzuflucht in Zürich, die Mauer am Rhein und Egon Krenz als SED-Herrscher über ganz Deutschland ...

Die Welt am Ende der 80-er, selten war die Lage so gespannt. Reformator Gorbatschow ist gestürzt, die Union der Sowjetrepubliken steht politisch wie wirtschaftlich vor dem Ruin. Dem greisen Kader ist jedes Mittel zur Machterhaltung recht. Zu verlieren hat man nichts mehr, vielleicht aber prosperierende Pfründe zu gewinnen. Das Konzept, mit dem die Altkommunisten sich und ihr Weltreich vor dem Untergang retten wollen, ist simpel: Wenn es gelänge, den Westen in anhaltende Angst vor einem Atomkrieg zu versetzen, würde der sicher einen hohen Preis für die Sicherung des Frieden zahlen ...
Spätestens seit Ralph Giordanos legendärem "Was wäre wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte" versuchen immer mal wieder Autoren, Alternativen im Weltenlauf der Geschichte gedanklich durchzuspielen. Zumal vor dem Millennium-Wechsel haben Konstrukte wie "Wenn Napoleon bei Waterloo gewonnen hätte" oder "Wenn die Südstaaten den Amerikanischen Bürgerkrieg für sich entschieden hätten" Konjunktur. Mit seinem Buch "Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" fügt der Lübecker Christian von Ditfurth dem "Was wäre wenn"-Genre nunmehr eine überaus intelligente Variante aus der jüngeren deutschen Geschichte hinzu.
Es ist nur ein Roman, aber was für einer! In Ditfurths Version der Geschichte zeigt der defizile Psychokrieg der Russen schließlich Wirkung. Zunehmend lauter fragt man sich nicht nur im Kreml, wieso (West-) Deutschland, obwohl Verlierer des Krieges, so gut dasteht. Die einstigen Kriegsgegner wurden von vielen Amerikanern, Briten und Franzosen nämlich immer noch mit großer Skepsis betrachtet - die Nazis waren zu schnell zu Musterdemokraten mutiert. Und war die Teilung der Welt in zwei feindliche Blöcke nicht die Schuld der Deutschen?
In Ditfurths origineller Fiktion fällt es schließlich keiner der Supermächte schwer, das, was im Februar 1989 in Genf ausgehandelt wird, als große Diplomatie zu verkaufen: Kohls Bundesrepublik wird aufgefordert, mit der DDR zu föderieren, zur Überwachung der alliierten Beschlüsse übernehmen die Russen die Kontrolle über Gesamtdeutschland. Ihre senilen Klassenbrüder an der SED-Spitze, vom gärenden Widerstand im eigenen Land gebeutelt, können ihr Glück kaum fassen, durch einen Winkelzug der Weltpolitik erstreckt sich ihre Herrschaft schließlich bis an den Rhein ...
Vor diesem Hintergrund erzählt Ditfurth vom Werdegang eines (westdeutschen) Sportredakteurs, der im sozialistisch wieder vereinigten Deutschland in Ungnade fällt, aber ins Schweizer Exil fliehen kann. Von Zürich aus beobachtet er die Mutationen der ach so freiheitlichen Grundordnung jenseits der Elbe zur Demokratischen Republik Deutschland (DRD), beschützt von der "Friedensgrenze" mit Mauer und Stacheldraht an Rhein, regiert von Egon Krenz' Gnaden.
Das Buch sprüht vor Einfällen und ist doch mehr als reine Phantasie. Zumal sich Ditfurth in der Entwicklung seines plausiblen Modells als subtiler Kenner der gesellschaftlichen Mechanismen im ersten deutschen Arbeiter-und-Bauer-Staat erweist. Dass "Die Mauer steht am Rhein" dabei nicht einfach ein weiterer Anti-DDR-Schinken ist, macht es zu einer spannenden Vision, wie es ja vielleicht tatsächlich auch hätte kommen können. Das Geschilderte ist schließlich von solcher Suggestion, dass man sich beim Lesen mitunter wundert, wieso nur die abendliche Tagesschau von alledem nichts mitbekommt.
Hanno Müller, Thüringer Allgemeine, 2. Oktober 1999

 

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Egon, Egon über alles

Auf den ersten Blick ist alles in Ordnung: Die Berliner Mauer ist gefallen, das seit zehn Jahren wieder vereinigte Deutschland wird von Berlin aus regiert, Erich Honecker hat sich nach Chile abgesetzt und ist dort gestorben. Auf den zweiten Blick aber ist nichts in Ordnung: Der Staat heißt nicht Bundesrepublik Deutschland, sondern Demokratische Republik Deutschland (DRD), er hat keinen Bundeskanzler namens Gerhard Schröder, sondern einen Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz, die Russen haben ganz Deutschland besetzt, und am Rhein schießen die Grenztruppen auf Republikflüchtlinge. Wer nur konnte, hat Deutschland rechtzeitig den Rücken gekehrt - Prominente wie Helmut Kohl, der am Wolfgangsee jetzt lebenslänglich Ferien macht, und Nichtprominente, die in der Schweiz das harte Brot der Emigration essen. Christian v. Ditfurth hat ein Stück Gegengeschichte geschrieben: Michail Gorbatschow ist im August 1988 von Altstalinisten gestürzt worden, und die neue Moskauer Führung hat die Westmächte unter der Drohung eines Atomkriegs dazu gezwungen, die Bundesrepublik im Stich zu lassen. Nun ist Letzteres nicht gerade ein wahrscheinliches Szenario, aber darum geht es Ditfurth in seinem Buch auch nicht. Vielmehr vertritt er die These, dass es in der Bundesrepublik Millionen von Wendehälsen gegeben hätte, die bei einer Wiedervereinigung unter umgekehrten Vorzeichen die Errichtung einer gesamtdeutschen DDR freiwillig unterstützt hätten.
Und dies nicht etwa, weil sie Kommunisten gewesen wären. Der Autor meint stattdessen, dass unter der demokratischen Decke auch im Westen eine Gesellschaft lauere, die sich nach einer autoritären Regierungsform sehne. Deshalb geht für ihn auch die CSU am bereitwilligsten auf die neuen Machthaber zu, während sich die Grünen konsequent verweigern.
Bei der CDU macht Alfred Dregger gerne mit, bei der SPD emigrieren zwar Hans-Jochen Vogel und Willy Brandt, doch die Partei geht in der SED auf. Der SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt wird DRD-Ministerpräsident, der ehemalige "Bild"-Chef Peter Boenisch Informationsminister. Und als die Westdeutschen im Jahre 1993 (erfolglos) auf die Straße gehen, tun sie dies nicht, weil sie ihre Freiheit zurück haben wollen, sondern weil Günter Mittags Wirtschaftspolitik ihren Wohlstand ruiniert hat. Immerhin führt dies zu Honeckers Sturz.
Mit all dem lässt sich mit guten Gründen rechten. Auch mit der sprachlich simplen Form des Buches, das eine seltsame Mischung aus Roman und Sachbuch ist, reich garniert mit allerlei Lesefrüchten Ditfurths. Als Erzähler tritt ein harmloser Düsseldorfer Sportjournalist auf, der in die Fänge der Stasi geraten ist, weil er über offensichtlichen Schmu beim Endspiel zur deutschen Fußballmeisterschaft zwischen Dynamo Berlin und dem FC Vorwärts (früher "Borussia") Dortmund berichtet hatte. Dann kam noch ein Tapser und danach, in letzter Minute, die Flucht in die Schweiz. Dort sitzt er jetzt, rekapituliert die vergangenen zehn Jahre und blickt hoffnungslos in die Zukunft.
Und allen Einwänden zum Trotz: Mit seiner politischen Horror-Story sorgt Ditfurth schon für einige Gänsehaut.
Ekkehard Böhm, Hannoversche Allgemeine, 13. Oktober 1999

 

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Lesung mit Christian von Ditfurth
Sein neues Werk ist Satire über "Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus"

Eben noch hatte Christian von Ditfurth vor Lachen kaum weitersprechen können. So viel Spaß machte dem Sohn des großen Psychiaters Hoimar und Bruder der Journalistin und Ökoaktivistin Jutta von Ditfurth die Lesung seines neuen Werks "Die Mauer steht am Rhein", eine Satire über "Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus". Als dann aber in der Matthäus-Kirche eine empfindsame Dame zu fragen wagte, ob Ditfurth seinem Helden, einem westdeutschen Sportjournalisten auf der Flucht vor der neostalinistischen Zensur, bei all dem deutsch-deutschen Elend auch so etwas wie eine Liebesgeschichte angedichtet habe, wurde der Historiker geradezu amtlich. Sein Buch, erklärte von Ditfurth mit dem nötigen Ernst, sei ein "fiktives Sachbuch" und kein Roman. Leser müssten sich auch auf "längere zeitgeschichtliche Passagen" einlassen. Die Idee zu seinem keineswegs humorfreien Was-wäre-wenn-Spiel kam von Ditfurth bei den Recherchen zu seinem Buch über die PDS ("Ostalgie oder die linke Alternative"). Wenn ihm alte Genossen ihr Leid wegen der westdeutschen "Siegerjustiz" nach dem Ende der DDR klagten, fragte er: "Ja, was hättet ihr denn mit uns gemacht, wenn es anders herum gekommen wäre?" Jetzt zeigt er's ihnen.
Tagesspiegel (Berlin), 29. Oktober 1999

 

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Und Helmut harrt der Dinge am Wolfgangsee

Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung: In ganz Deutschland ist der Kapitalismus endlich überwunden. Egon Krenz regiert die "Demokratische Republik" (DRD), assistiert von Karsten D. Voigt als Ministerpräsident. Denn die SPD hat sich längst zum Bekenntnis für den Marxismus-Leninismus entschieden. "Mit ausgefeilter Rabulistik" hat auch der "Spiegel" die Kurve hingekriegt, wie fast alle Medien. Ex-"Bild"-Chef Peter Boenisch ist nun Informationsminister. Die Wirtschaft entwickelt sich nach Maßgabe der fortschrittlichen Kräfte unaufhaltsam rückwärts: BMW und Daimler Benz, zum VEB Autobau Süd-Ost fusioniert, lassen alte Polo- und Golf-Modelle namens "Baikal" und "Amur" vom Band rollen - erhältlich natürlich nur nach langer Wartezeit. 300 000 Deutsche sind aus der mit Stacheldraht und Selbstschussanlangen abgeschotteten Republik ins Schweizer Exil geflüchtet: Dort streiten sich Fischer und Geißler über versäumte Chancen des Widerstands, während Kohl es am Wolfgangsee mit Aussitzen probiert.
Was wäre, wenn . . . 1989 alles ganz anders gekommen wäre? Die Frage hat sich Christian von Ditfurth gestellt und - was sich für einen Historiker eigentlich nicht gehört - ein fiktives Sachbuch geschrieben, das detailliert das Szenario einer roten Wende entwirft: Angenommen, die Stalinisten hätten Gorbi gestürzt und die BRD unter Androhung eines Dritten Weltkriegs von den Alliierten in ihren Machtbereich einkassiert . . .
Am Freitag las von Ditfurth, Bruder der Grünen-Dissidentin Jutta und selbst bekehrter Ex-Kommunist beim "6. Sulzbacher Salon", veranstaltet von der Buchhandlung Wirtz, im Salzbrunnenhaus das Einleitungskapitel aus "Die Mauer steht am Rhein - Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus". Auszüge aus seinem Buch vorzutragen sei schwierig, meinte von Ditfurth, sie wären garantiert unverständlich, denn das Buch baue das Verständnis, für das was es erzählt, erst allmählich auf. Quer durch die Presse hat "Die Mauer" bei Erscheinen Aufsehen und positive Rezensionen erregt. Nur Rainer Eppelmann, der in Ditfurths Fiktion in Bautzen eingekerkert ist, höhnt, sein "Freund" leide wohl unter einer Psychose und habe alle seine Ängste schriftlich niedergelegt. Die sind allerdings recht amüsant zu lesen. Nein, das sei kein Roman eines enttäuschten Linken, betont von Ditfurth im Salzbrunnenhaus. Die Idee dazu kam dem Lübecker bei Recherchen zu einem PDS-Sachbuch "Ostalgie oder die linke Alternative". Auch mit den Verdrängungen der Ost-CDU hat er sich schon beschäftigt, Titel: "Blockflöten". Im Grunde, meinte ein Zuhörer, handle das Mauer-Buch doch vom Opportunismus, und den gebe es im realen Deutschland auch.
Saarbrücker Zeitung, 7. November 1999

 

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Zwingende Logik und satirische Seitenhiebe

Christian von Ditfurth ist gelernter Historiker und mit der nötigen Fantasie gesegnet, um einen Roman der Form "Was wäre wenn" zu schreiben. Mit "Die Mauer steht am Rhein" ist ihm nun der Roman zum diesjährigen zehnten Jahrestag des Falls der Berliner Mauer gelungen.
Mit der Version, der Sozialismus habe gesiegt und zur deutschen Einheit gerührt, jagt er jedem auch nur etwas an Politik interessierten Leser wahre Gruselschauer über den Rücken. Als unpolitischer Sportredakteur aus dem Rheinland schildert er aus der Sicht des Emigranten, wie Gorbatschow 1988 von Stalinisten gestürzt und eine neue Weltordnung durchgedrückt wird, in der Westdeutschland geopfert wird.
Es ist Andrej Gromyko, der vor der UNO beklagt, dass die Deutschen als Unterlegene des Weltkrieges die eigentlichen Sieger seien. Der Sowjetunion dagegen gehe es schlecht, obwohl sie die größten Opfer erbracht habe. Düster fordert er, "reinen Tisch" zu machen.
Im Februar 1989 folgt dann die Viermächtekonferenz unter Ausschluss der Westdeutschen. Mit viel militärischem und psychologischem Druck erreichen die Sowjets ihr Ziel: die deutsche Wiedervereinigung unter sowjetischer Aufsicht. Am 3. Oktober 1990 entsteht die "DRD".
Mit zwingender und oft genug erschreckender Logik beschreibt der in die Schweiz geflüchtete Ich-Erzähler, warum alles so kommen musste, wie es am 3. Oktober 1999 von der DRD-Regierung unter Generalsekretär Egon Krenz und seinem Ministerpräsidenten Karsten D. Voigt (ja, der außenpolitische Sprecher der ehemaligen SPD-Fraktion!) als gelungene Revolution der "antimonopolischen Demokratie" gefeiert wird.
Brillant und mit manch satirischem Seitenhieb auf die vielen großen und kleinen Wendehälse beschreibt von Ditfurth die erstaunliche Anpassungsbereitschaft in der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Da wird ein gewisser Möllemann zum Oberbürgermeister von Düsseldorf und Wolfgang Schäuble willfähriger Innenminister, dessen DDR-typische Law & Order-Politik nicht nur an den Stammtischen reichlich Lob findet.
Der anfängliche Widerstand wird mit raffinierter Tücke gebrochen und selbst der rapide Niedergang der Wirtschaft führt nach einer heftigen Krise nur zu noch mehr "Straffung", wozu Hunderttausende in Isolierungslagern verschwinden. Informationsminister Peter Boenisch sorgt im Übrigen für die nötige Propaganda.
Gefesselt bis zur letzten Seite atmet der Leser schließlich erleichtert auf, erinnert sich an die realen Ereignisse des 9. November 1989 und ihre Folgen, froh, dass dies alles wirklich nur eine Fiktion war.
Wolfgang A. Niemann, Wilhelmshavener Zeitung, 30. Oktober 1999

 

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Ditfurths Buch vorgestellt
Sozialdemokraten diskutierten das Buch "Die Mauer steht am Rhein"

Christian von Ditfurth hat sein neues Buch "Die Mauer steht am Rhein - Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" im Bilderhaus Bornemann vorgestellt. Der Lübecker Autor und Historiker diskutierte mit dem Publikum, dem SPD-Bürgermeisterkandidaten Bernd Saxe und Björn Engholm über sein Buch und das Thema "Zehn Jahre nach der Wende". Eingeladen hatten die "Wählerinitiative Für Bernd Saxe" und dieser selbst.
Christian von Ditfurth hat in seinem fiktiven Sachbuch die deutsche Wiedervereinigung einen anderen Verlauf nehmen lassen. "Statt dass die Bundesrepublik die DDR geschluckt hat, verleibte sich diese die Bundesrepublik ein", erklärte Bernd Saxe zur Handlung.
Der 46-jährige Schriftsteller sorgte für viel Heiterkeit, weil er seinem Buch noch eine Auffrischung hinzugefügt hatte: Björn Engholm und Michael Bouteiller, nach Zürich geflohen, bedauerten mit den Worten "nun ist es endgültig aus mit unserer Sozialdemokratie" die Wahl des "gewendeten" Bernd Saxes zum Bürgermeister. Dieser erhielt im "realsozialistischen Deutschland" 99,9 Prozent der Stimmen.
In der Diskussion war man unterschiedlicher Meinung, ob es hätte kommen können, wie von Ditfurths Buch es schildert. "Die Westdeutschen hätten allein wegen ihres ausgeprägten Individualismus so eine Wende nicht mitgemacht", vermutete Björn Engholm. Einig war man sich hingegen darin, dass das Buch zum Nachdenken anrege, ob die Massen in Deutschland noch derart verführbar seien. Christian von Ditfurth äußerte sich pessimistisch: "Die heutige Zivilisation trennt nur eine sehr dünne Schicht vom Archaischen." Das könne man am Krieg im ehemaligen Jugoslawien sehen.
Ebenfalls diskutiert wurde die derzeitige Rolle der PDS. Engholm und von Ditfurth waren einmütig der Auffassung, dass die PDS einen Freiraum fülle, den die SPD ihr geschaffen habe, indem diese weiter in die "Mitte" gerückt sei. Christian von Ditfurth bezeichnete die PDS als "Heimatvertriebenen-Verein". Diese würde ihre Stimmen aus der schlechten Situation im Osten gewinnen und aus Ängsten, die aus dem abrupten Geschichtsverlust der Ostdeutschen resultierten.
Lübecker Nachrichten, 21. November 1999

 

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Die Mauer steht am Rhein? Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus? Eine Utopie, gewiss. Denn schließlich gibt es weder die Demokratische Republik Deutschland (DDR), noch sind BMW und Daimler-Benz zum VEB Autobau Süd fusioniert. Die deutsche Einheit, in der die DDR die BRD übernimmt, Todesstreifen und Stacheldraht nach Westen versetzt? Historiker Christian von Ditfurth, einschlägig vorbelastet durch "Blockflöten. Wie die CDU ihre realsozialistische Vergangenheit verdrängt" und "Ostalgie oder linke Alternative. Meine Reise durch die PDS" gelingt eine schwarzbissig querdenkerische Analyse, so ironisch wie skurril, so klug wie subversiv. Die rote Wende? Zum 10. Jahrestag des Mauerfalls agitiert Ditfurth jetzt auch in Osnabrück. Joschka Fischer seufzt, am Grillimbiss im Schweizer Exil: "Wenn wir alle gemeinsam gekämpft hätten!" Und Heiner Geißler antwortet: "Aber bei euch hätte sich ja keiner gefunden, der mit uns zusammengegangen wäre! Die meisten Sozis haben sich von den Schalmeienklängen betören lassen!" Und so weiter. Eine vergnügliche Sache jedenfalls - wenngleich weder für eingefleischte Ossis noch für eingefleischte Wessis. Oder gerade?
Stadtblatt Osnabrück, Nr. 11/1999

 

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Was auf den weihnachtlichen Gabentisch gehören würde? Z. B. das Buch von Christian von Ditfurth: Die Mauer steht am Rhein. Was wäre eigentlich, wenn die Wiedervereinigung Deutschlands unter dem sozialistischen Vorzeichen passiert wäre? v. Ditfurth baut ein glaubhaftes Bild auf - von dem Deal der Großmächte bis zur Umsetzung der "neuen Republik", spielt mit Namen und Wirtschaftsfakten, führt reale globale, politische Szenarien auf. Das Buch ist eine gelungene Fiktion, eine Satire, die den Leser häufiger lachen - und dann im Lachen erstarren lässt. Ich habe mich gefragt, wie führt v. Ditfurth die Geschichte zu Ende? Passend ... Lassen Sie sich überraschen.
magaScene, Hannover, Nr. 11/1999

 

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Albtraum einer anderen Wende
Lesung mit Christian von Ditfurth

Die Wende unter „realsozialistischen" Vorzeichen mit einem „roten Westen" nach dem Prozess der Wiedervereinigung - der Autor Christian von Ditfurth schreckt vor diesem gewagten Gedankenspiel nicht zurück: In seinem Buch „Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" (Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 36 DM) lässt er den sozialistischen Alltag der „Demokratischen Republik Deutschland" (DRD) aus der Sicht eines am politischen System gescheiterten Sportredakteurs Revue passieren.
„Aus dem Buch vorzulesen ist schwer", betont der Historiker von Ditfurth in der Buchhandlung zur Heide. Das übliche Verfahren bei Lesungen, mehrere Kapitel zur kürzen und vorzutragen, „geht hier überhaupt nicht". „Sie würden in einem vollendeten Chaos landen", prophezeit er der kleinen Zuhörerrunde, die am zehnten Jahrestag des Mauerfalls dieser ungewöhnlichen Mischung aus „Lüge" und „Wahrheit" konzentriert lauscht.
Von Ditfurth trägt also nun die ersten zwei Kapitel in gekürzter Fassung vor: Darin schilderte der Ich-Erzähler, ein ehemaliger Sportredakteur der „Rheinischen Post", die politische Landschaft nach der sozialistischen Einverleibung der Bundesrepublik. Wendehälse sind mit von der Partie. In seinem
Schweizer Exil nennt er alle und alles beim Namen: Der ZK-Sekretär heißt Peter Boe-nisch. Jürgen Möllemann vertritt das Motto des „liberalen Optimismus", wurde als einziger „kleinbürgerlicher Demokrat" Oberbürgermeister einer Großstadt und „bedankte sich fast jeden Tag mit Lobpreisungen der führenden Partei". Dagegen versuchen Geißler, Fischer und Engholm, eine Demokratiebewegung im Schweizer Exil aufzubauen.
Manche Einfälle verleiten zu einem Schmunzeln, aber so richtig unterhaltsam ist es nicht. Von der Leichtigkeit und dem Esprit einer politischen Satire ist nichts zu spüren: Diesen Albtraum von politischer Willkür, dem Klima der Angst, dem gegenseitigen Misstrauen und der Bespitzelung hat es tatsächlich gegeben. Er wird hier nur unter anderen Vorzeichen noch einmal erzählt. Und wie kam es zu dieser anderen Wende? „l 988 wurde Gorbatschow gestürzt", erläutert von Ditfurth, Jahrgang 1953, im anschließenden Gespräch den Ausgangspunkt seines „fiktiven Sachbuches".
„Als Historiker macht man so etwas nicht", zitiert von Ditfurth kritische Stimmen zu seiner Mischung aus Historie und Fiktion. Die politische Stellungnahme aus der Sicht des Historikers ist hingegen eine akzeptable Angelegenheit: Der Mauerfall ist vor allem die Leistung des Volkes gewesen. „Die Menschen in der DDR haben das Selbstbestimmungsrecht erkämpft und genutzt", erinnert der Autor an die Verdienste der Demokratiebewegung.
Osnabrücker Zeitung, 11. November 1999

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"Was hättet ihr mit uns gemacht?"
Der Historiker Christian v. Ditfurth hat einen Roman über die deutsche Vereinigung geschrieben - nur frisst dort die DDR die Bundesrepublik

FOCUS: Herr von Ditfurth, in Ihrem Buch „Die Mauer steht am Rhein" siegt 1989 der Sozialismus in Deutschland, und die DDR verleibt sich zur Abwechslung die Bundesrepublik ein. Ihr Ich-Erzähler flieht am Ende in die Schweiz. Was würden Sie heute Abend tun, in einer „Demokratischen Republik Deutschland" (DRD)?
v. Ditfurth: Wahrscheinlich würde ich in meiner Wohnung sitzen und irgendetwas lesen. Ich würde zumindest niemals unterstellen, dass ich Widerstandskämpfer geworden wäre, weil ich weiß, dass die, die es geworden sind, hinterher immer darüber erstaunt waren. Man sollte davon ausgehen, dass man sich so verhalten hätte wie die meisten anderen auch.

FOCUS: Wie hätte man sich denn den Alltag in der DRD vorzustellen?
v. Ditfurth: Keine Banane ohne Schlangestehen. Es dauert Jahre, bis man ein Telefon kriegt. Es gibt elend lange Warteschlangen für den „Baikal" - so heißt der VW Polo jetzt. Der VEB Elektrotechnik „Ernst Thälmann", vormals Siemens und Bosch, ist so sehr damit beschäftigt, elektronische „ Kundschaftersysteme" für die Abriegelung der Staatsgrenze West zu bauen, dass Waschmaschinen mangels Ersatzteilen irreparabel geworden sind. Trotzdem gibt es keinen öffentlichen Protest. Die Leute haben Angst, in einem Intemierungslager zu landen, die natürlich nur aus pädagogischen Gründen eingerichtet wurden, begründet zumindest Innenminister ...
FOCUS: Zu Personen später. Sie haben dieses Buch geschrieben, um zu zeigen, wie labil, opportunistisch, mitunter auch ekelhaft Menschen sind?
v. Ditfurth: Nein. Ich bin bei den Recherchen zu meinem Buch über die PDS von ehemaligen SED-Größen und von PDS-Funktionären immer wieder darauf hingewiesen worden, wie furchtbar doch mit ihnen umgegangen werde. Irgendwann habe ich angefangen zurückzufragen; Was hättet ihr eigentlich mit uns gemacht? Und ich habe darauf immer nur Schweigen geerntet. Mit dem Buch wollte ich die Antwort geben.
FOCUS: Wie Kommunisten die Macht in einem Staat übernehmen, haben sie oft vorgeführt. Ihr Buch beschäftigt sich vor allem mit den Mitmachem auf der anderen Seite. Zwei Personengruppen scheinen Sie für besonders anfällig zu halten: Politiker und Journalisten.
v. Ditfurth: Das sind natürlich zwei herausragende Gruppen. Es liegt doch auf der Hand.
FOCUS: Da steckt der Gedanke drin: Ob etwa ein „Neues Deutschland" in eine „Süddeutsche Zeitung" umgewandelt wird oder umgekehrt - wenn der Zeitgeist beziehungsweise die Führung befiehlt: Wir schreiben das jetzt so, ziehen 80 Prozent der Redaktion mit?
v. Ditfurth: Ja, so sehe ich das.
FOCUS: Und so kommt etwa „Zeit"-Chefredakteur Theo Sommer, ohnehin ein großer DDR-Fan, gut in der DRD an.
v. Ditfurth: Es gab ja West-Journalisten, die mit Ostberlin zusammengearbeitet haben, um an historische Akten zu kommen, vor allem über das Dritte Reich. Darunter befanden sich auch Fälschungen, wie beispielsweise die von Lübke als KZ-Baumeister. Das heißt, sie sind der Stasi auf den Leim gegangen und von ihr benutzt worden. Sommer steht nicht im Verdacht, dergleichen getan zu haben. Der ist so naiv. Es gab ja diese legendäre DDR-Reise von „Zeit"-Journalisten, Ende der 80er-Jahre. Die haben sich von ostdeutschen Funktionären Dinge vorgaukeln lassen, das war unfassbar. Wie blind musste man dafür sein!

FOCUS: Es gibt zumindest einen Teil der westdeutschen Presse, der in der Realität der von Ihnen beschriebenen Fiktion vorgearbeitet hat ...
v. Ditfurth: Das stimmt ...
FOCUS: ... aber was haben Sie gegen den Ex- „ Bild "-Chef Peter Boenisch, der bei Ihnen zum DRD-Informationsmmister aufsteigt?
v. Ditfurth: Gar nichts. Ich könnte jetzt etwas Böses sagen wie: Dreckschleuder bleibt Dreckschleuder. Es gibt ja eine Reihe von Gründen, die „ Bild "-Zeitung nicht zu mögen, und die personifizieren sich in Boenisch. Er versteht, auf wunderbare Weise den feinen Herrn herauszukehren, ist aber offenkundig nicht mit einer Vielzahl moralischer Hemmungen ausgestattet.
FOCUS: In Ihrem DRD-Kabinett unter Staats- und Parteichef Egon Krenz, der das im Gefängnis bestimmt gern liest, sitzen einige West-Minister. Glauben Sie allen Ernstes, dass etwa ein Mann wie Schäuble Intemierungslager für Oppositionelle mittragen würde?
v. Ditfurth: Natürlich glaube ich das nicht. Ich traue überhaupt keinem bundesdeutschen Politiker zu - und Peter Boenisch übrigens auch nicht -, dass er sich gut machen würde als Mitglied eines DRD-Ministerrats. Aber wenn es zu einem solchen Umsturz gekommen wäre, auf welche Art auch immer, es würde doch Minister geben, nicht wahr? Und die würden wir alle kennen. Das ist das Problem. Es würde, so wie in der SBZ/DDR in den Umbruchzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg, bürgerliche Politiker geben, die sich in den Dienst der neuen Diktatur stellen, und sei es mit dem Argument, Schlimmeres verhüten zu wollen. Denken Sie an die Biografie von Otto Grotewohl. Oder an Max Fech-ner, der DDR-Justizminister wurde. Keinem von denen hätte man vorher zugetraut, dass sie in einem stalimstischen System an führender Stelle mitwirken. Ich musste eine Besetzung finden, die von vornherein ganz unglaubwürdig war. Die Stelle etwa, wo Heinrich Homann, der Chef der ostdeutschen Nationaldemokraten, Alfred Dregger einfängt - vollkommen unglaubwürdig! So etwas ist aber nach 1945 geschehen. Es gibt ja auch diesen gesellschaftsübergreifenden Ordnungsfanatismus. Dem Eylmann würde kein Mensch zutrauen, dass er sich an einer Diktatur beteiligt. Nur: Wer beteiligt sich denn bitte schön immer an Diktaturen?
FOCUS: Daraus folgt, dass auch die Zusammensetzung der Exilanten relativ willkürlich ist. Könnte es umgekehrt sein, dass etwa Joschka Fischer lieber seinen DDR-Namensvetter Oskar als Außenminister beerben würde, statt in Zürich zu sitzen?
v. Ditfurth: Na ja, der Joschka Fischer von 1989 war ein anderer Mensch als der heutige - oder auch nicht, wie man es nimmt. Natürlich ist das eine so willkürlich wie das andere, aber es gibt auch ein paar Gründe. Heiner Geißler zum Beispiel würde ich beim besten Willen nicht zutrauen, dass er sich mit irgendeiner Diktatur einlässt. Das ist ein Urdemokrat, ein Radikaldemokrat gewissermaßen.
FOCUS: Aber Frau Süssmuth doch?
v. Ditfurth: Die arme Rita! Natürlich hätte sie Inge Lange als einzige weibliche Kandidatin des Politbüros nachfolgen können. Stimmt, sie wäre dafür eine gute Besetzung gewesen, sie hat ja auch etwas Gesellschaftsübergreifendes.
FOCUS: Den fiktiven Ereignissen Ihres Buches legen Sie als eine Art Folie Ereignisse der DDR-Geschichte unter?
v. Ditfurth: Durchaus. Strategie und Taktik der Kommunisten haben sich nicht geändert, aber die Bedingungen. Nach dem Krieg stand zunächst die reine Machtfrage im Raum: Wessen Panzer stehen wo? 1989 in meinem Buch treffen die Kommunisten auf eine hoch entwickelte, hoch komplexe bürgerliche Gesellschaft. Die Methoden der Kommunisten gegenüber den bürgerlichen Parteien sind feiner geworden. Ich habe Militär, Grenzer, Mord und Totschlag ganz bewusst herausgehalten, weil es für mich nicht das Entscheidende war. Nach 1945 war es das Entscheidende.

FOCUS: Was aber hinkt, ist Ihr außenpolitisches Konstrukt, dem zufolge der Westen Deutschland den Sowjets über-lässt. Es ist ja eine Urangst des Westens, dass sich Deutschland und Russland jemals verbünden könnten.
v. Ditfurth: Die Frage, die die Russen im Buch stellen, lautet: Warum sollen wir eigentlich, obwohl wir den Krieg gewonnen haben, so weit hinter den Verlierern stehen? Die Geschichte ist immer nur eine Möglichkeit. Dieser atomare russische Erpressungsversuch gegenüber dem Westen hat in meinen Augen eine gewisse Plausibilität. Ich habe das Buch ja nicht geschrieben, um ein außenpolitisches Szenarium zu entwickeln, sondern um die deutsche Vereinigung mit umgekehrtem Vorzeichen durchzuführen.
FOCUS, Nr. 49/1999, Interview: Michael Klonovsky

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Eine erschreckende Vision
Christian von Ditfurth konstruiert eine Alternative zur Geschichte

Der Verlauf der Geschichte ist, so, wie er sich tatsächlich abgespielt hat, immer nur eine von vielen Möglichkeiten. Diese so einfache wie logische Erkenntnis bietet ein breites Feld für die Vorstellung der verschiedensten "Was wäre, wenn ... ?"-Szenarien. Angesichts des Mauerfalls von 1989 und des allseitigen Bemühens um eine Bilanzierung der Entwicklungen der letzten zehn Jahre fragt sich manch einer in diesem Sinne: Was wäre, wenn die Vereinigung andersherum gelaufen wäre, wenn also die Bundesrepublik an die DDR angeschlossen worden wäre und nicht umgekehrt?
Der Historiker Christian von Ditfurth hat diese Überlegung zur Grundlage seines Romans "Die Mauer steht am Rhein" gemacht und ein utopisches Bild vom "real existierenden neuen Deutschland", zehn Jahre nach dem Sieg des Sozialismus, entworfen. Ausgangspunkt ist die Vorstellung, dass Gorbatschow 1988 von seinen stalinistischen Widersachern gestürzt worden ist. Nachdem die kommunistischen Hardliner die Macht übernommen haben, verschärft sich der Kalte Krieg zunächst wieder, bis sich die Sowjetunion und die USA auf eine neue Aufteilung der Welt einigen. Deutschland ist der Preis, den die Sowjets für - einen dauerhaften - Frieden fordern - und erhalten.
Von einem Ich-Erzähler im Jahr 1999 werden die Verhältnisse in der "Demokratischen Republik Deutschland" (DRD) beschrieben und deren historische Entwicklung nachgezeichnet. BMW und Mercedes wurden zum "VEB Autobau Süd" zusammengelegt, die SPD ist mit der SED fusioniert, während sich alle anderen Parteien der BRD einem Blockpartner angeschlossen haben.
Zündstoff enthält vor allem die Tatsache, dass von Ditfurth sich nicht scheut, konkrete Namen zu nennen, wenn es darum geht, wie einzelne Personen des öffentlichen Lebens seiner Einschätzung nach auf die veränderten Verhältnisse reagiert hätten. Wahrend Oskar Lafontaine, Helmut Kohl und Joschka Fischer im Roman relativ ehrenhafte Rollen als Republikflüchtlinge zugeschrieben werden, wird manch einer sicher empört sein, weil er vom Autor als Umfaller beschrieben wird, der sich chamäleonartig den neuen, veränderten Voraussetzungen anpasst. So wird beispielsweise an einer Stelle berichtet, wie der "an der Soldatenehre" gepackte Alfred Dregger sich bereitwillig überreden lässt, mit wehenden Fahnen zur National-Demokratischen (BIock)-Partei überzulaufen.
"Die Mauer steht am Rhein" ist eine Vision, die aus zwei Gründen erschreckend anmutet: Zum einen, weil sie gar nicht so unwahrscheinlich erscheint, wie es sich auf den ersten Blick anhören mag - man wird während des Lesens nie den Gedanken los, dass es so oder ähnlich tatsächlich hätte ablaufen können. Erschreckend ist aber auch die Erkenntnis, dass manches in Ditfurths DRD gar nicht so viel anders ist als im heutigen Deutschland, egal wie sehr die Systeme oberflächlich differieren mögen.
Von Ditfurth stellt in diesem Roman unter Beweis, dass er sein Handwerk sowohl als Historiker wie auch als Schriftsteller versteht. Seine Utopie lebt von der Phantasie, ist aber immer gut untermauert durch reale historische Entwicklungslinien. Sein Schreibstil findet genau das richtige Maß zwischen nüchterner Beschreibung des fiktiven Staates und Satire. Auf seine ganz spezielle Art ist "Die Mauer steht am Rhein" der Roman zur deutschen Einheit - die realsozialistische Alternative zu Thomas Brussig.
Dominik Asef, Fuldaer Zeitung, 22. Januar 2000

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Kohl im Exil am Wolfgangsee
Das politische Buch

Das Beste ist der Anfang, weil er den Leser so trefflich narrt: Da steht ein deutscher Exilant grübelnd am Zürichsee. Floh er vor den Nazis? Nein! Das Roman-Ich ist getürmter Bürger der "Demokratischen Republik Deutschland'' DRD. "Die Mauer steht am Rhein'' heißt Christian von Ditfurths Roman, der zwar 1989 die Wende und am 3. Oktober 1990 die deutsche Vereinigung geschehen lässt, doch unter umgekehrten Vorzeichen. Honecker ist der Generalsekretär der Einheit, weil zuvor Gorbatschows Perestroika scheiterte.
Die Regierung der DRD fackelt nicht lange: Sie wandelt Daimler und Bosch in volkseigene Betriebe um, erschwert ihren Bürgern die Ausreise, droht Oppositionellen mit politischer Haft. Bananen gibt es keine mehr, dafür Club Cola.
Dass im Roman echte Personen des vergangenen Jahrzehnts mitspielen, amüsiert: Peter Boenisch steigt zum obersten Zensurbeamten auf, ein rechter Wendehals also. Joschka Fischer wird Exilpolitiker, Ex-Kanzler Kohl emigriert an den Wolfgangsee, während Hannelore in Oggersheim die Stellung hält und die Republikflucht verurteilt. ¸¸Bild'' ist sozialistisch gewendet, jubelt "Deutschland, einig Vaterland''.
Ditfurth, 46, von Haus aus Historiker, schrieb giftig-schwarze Fiktion: Wieder einmal findet die Schweiz, dass das Boot voll sei. Doch der Autor nutzt die Macht solcher Bilder nicht. Seltsam dürr bleiben die Figuren mit ihren bekannten Namen - vielleicht eben weil sie so bekannt sind. Dafür ist das Buch eine scharfsichtige politische Analyse im Romankleid. Und auch eine nachdenklich stimmende Parabel auf die reale Abwicklung der DDR.
Südwest Presse, 12. Februar 2000

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Greiser Willy Brandt als letzte Bastion des Kapitalismus
Christian v. Ditfurth beschreibt die Geschichte der westdeutschen Wendehälse nach dem Gorbatschow-Sturz 1988

Das Jahr 1988 brachte das Aus für den Revisionisten Gorbatschow. Die Genossen Gromyko und Ligatschow legen dem Verräter das Handwerk und begründen die "Neue Strategische Politik": Die SU konzentriert die durch Gorbatschow angeschlagene Wirtschaft auf einen (Nach)Rüstungsrausch und manipuliert das öffentliche Meinungsklima im Westen mit Zuckerbrot und Peitsche.
Deutschland solle endlich seine Schuld aus dem 2. Weltkrieg zahlen, verlautet aus dem Kreml. Amerikaner, Briten und Franzosen knicken ein, sie wollen nicht wegen der Teutonen in einen Atomkrieg verwickelt werden. Was folgt, erinnert an Versailles: Beim Vier-Mächte-Treffen am 24. Februar 1989 müssen Kohl und seine Mannen vor der Tür warten, während drin die Welt neu geteilt wird: Die SU lässt Kuba fallen und wird als Schutzmacht in Westdeutschland eingesetzt. Der überrumpelte Bundeskanzler verkauft das Supermacht-Diktat daheim als Sieg. Endlich komme die Wiedervereinigung, tönt er.
Danach geht es ganz schnell. CDU-Rechtsaußen Lummer schwärmt plötzlich von der Ordnungspolitik der SED ("In der DDR wird Kriminalität konsequent bekämpft"), Dregger freundet sich mit den ostdeutschen Nationaldemokraten an, Karsten Voigt wusste schon immer, das es viel Verbindendes zwischen SPD und SED gibt und die westdeutschen Eliten stehen Schlange bei der DKP. SPD-Oberlehrer Jochen Vogel dagegen kehrt den Antikommunisten heraus und zur Enttäuschung Honeckers erweist sich der greise WillY Brandt als letzte Bastion des Kapitalismus.
Am 3. Oktober vollzieht Deutschland die Einheit in den Farben der DDR. Erst jetzt erkennt die "Süddeutsche" die Vorzüge des Sozialismus und "Der Spiegel" prangert scharfzüngig den imperialistischen Emigrantensumpf in der Schweiz an. Die frisch gewendeten Genossen der "Neuen Bezirke" an Rhein und Ruhr wollen zeigen, dass sie keine Einheits-Gegner sind. Sie räumen mit klerikalen Verschwörungen in Düsseldorf so schnell auf, dass im Berliner ZK-Gebäude der neuen "Sozialistischen Einheitspartei der Demokratischen Republik Deutschland" (SEdDRD) das Wort von den "westdeutschen Radikalinskis" umgeht".
Siemens und Bosch verabschieden sich von der Überflussgesellschaft und produzieren Überwachungselektronik für die Mauer am Rhein, die den jungen Einheitsprozess vor Saboteuren schützt. BMW und Daimler-Benz fusionieren zum VEB Autokombinat Süd ...
Christian v. Ditfurth hat in seinem Buch "Die Mauer steht am Rhein" die Vereinnahmung der alten Bundesrepublik durch die DDR aus der Sicht eines Emigranten literarisch durchgespielt. Das Konstrukt gerät zur Abrechnung eines westdeutschen Linken mit seinem Teil Deutschlands, mit NATO-Doppelbeschluss und Berufsverboten, scheinheiligen Bonner Polit-Größen und der Aushöhlung der Bürgerrechte im Einverständnis der großen Parteien (Die Grünen kommen eher gut weg).
Leider steht sein Anliegen etwas zu sehr im Vordergrund und so leistet sich v. Ditfurth, der immerhin einen Roman vorlegte, manche sprachliche Schwäche, zeitweilig sinken die persönlichen Schilderungen auf Groschenheft-Niveau. An seinen starken Stellen schildert das Buch nichts desto trotz atmosphärisch dicht und historisch plausibel, dass es keiner Maschinengewehre bedarf, damit scheinbar feste Demokraten zu Wendehälsen mutieren und wie schnell peu à peu einrieselndes Gift eine Bürgergesellschaft zerstören kann.
Heiko Weckbrodt, Dresdner Neueste Nachrichten, 15. Januar 2000

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Fischer und Geißler in Züricher Exil-Regierung

Deutsche Einheit einmal anders herum: Westdeutschland ist rot, die Ostmark unser offizielles Zahlungsmittel, wir leben im abgeschirmten Sozialismus. „Die Mauer steht am Rhein", so auch der Titel eines neuen Buches.
Hammer- und Zirkel-Fahnen haben den Bundesadler verdrängt, in amerikanischen, britischen und französischen Kasernen sind die Russen eingezogen. Kohl und Lafontaine sind ins Ausland geflüchtet. Joschka Fischer und Heiner Geißler bemühen sich in Zürich um eine Exilregierung, während andere ehemalige Bonner Regierungsgrößen dem neuen DDR-Regime als willige Wendehälse dienen.
Der Historiker und Autor Christian von Ditfurth (47) hat bei erstaunlicher Rollenverteilung, mit viel Witz und Fantasie eine durchaus spannende Geschichte geschrieben. Ein Buch zum Nachdenken - gerade weil es glücklicherweise anders gekommen ist.
Wilfried Dieterichs, Neue Presse, Hannover, 3. Juni 2000

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Kohl im Exil, Krenz regiert

1988, nach drei Jahren Gorbatschow-Regime, putschen in Moskau die Militärs, rüsten auf bis zum Geht-nicht-mehr und setzen den Westen unter Druck. Der Druck wirkt. Bei der Genfer Konferenz von 1989 beschließen die vier Siegermächte des II. Weltkriegs - die deutsche Delegation unter Kanzler Kohl und Außenminister Genscher wird nicht zu den Verhandlungen zugelassen, sondern muss im Hotel "Beau Rivage" die Beschlüsse abwarten - die Wiedervereinigung Deutschlands. Die Bundesrepublik muss aus der NATO austreten, die westalliierten Truppen ziehen ab und 100000 Mann Truppen der Sowjetunion kontrollieren die Föderation der Bundesrepublik mit der ehemaligen DDR. Es entsteht die DRD, die Demokratische Republik Deutschland, unter Leitung des Generalsekretärs Egon Krenz. Eine Polit-Satire?
Eine außergewöhnlich originelle literarische Fiktion, in welcher der Lübecker Historiker Christian von Ditfurth ausmalt, was hätte passieren können, wenn nicht der Kommunismus, sondern der Kapitalismus Ende der achtziger Jahre in die Knie gegangen wäre. Kanzler Kohl lebt fortan als Exilant am Wolfgangsee, Oskar Lafontaine als ebensolcher in Frankreich, Graf Lambsdorff muss als Wirtschaftskrimineller einsitzen und BMW und Daimler-Benz werden zum "VEB Autobau Süd" zwangsfusioniert.
Was sich oberflächlich so lustig liest, entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als fein gesponnenes Polit-Grusical. Wie der Autor die feige Wehrlosigkeit, in manchen Fällen auch die schmierige Ehrlosigkeit der bundesrepublikanischen Polit-Elite zeichnet - so achtet ZK-Sekretär Peter Boenisch auf strikte Linientreue der Presse -, das hat Format. Dass die Wirtschaft der DRD die Sturzflugkurve der DDR annimmt und die Modelle des VEB Autobau Süd ("Baikal" und "Amur") nur nach ewig langen Wartefristen zu kriegen sind, kommt einem ebenso verdammt bekannt vor wie die Verhaltensmuster der großen und kleinen Leute.
"Die Mauer steht am Rhein" ist für politisch Interessierte (und nicht nur für die) ein Stück exzellenter Lesespaß und so gut gesponnen, dass den Leser manchmal ein leises Frösteln befällt ob der Ahnung, dass es wirklich so hätte kommen können. Keine Lust auf ein Polit-Grusical angesichts der realen Aufführungen auf der Bonner und Berliner Bühne der Gegenwart? Ditfurth ist spannender und origineller.
Rolf Schneider, Schwäbische Zeitung, 18. August 2000

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Die Realität ist immer nur eine Möglichkeit
Ditfurths "Die Mauer steht am Rhein"

Die deutsche Wiedervereinigung im Jahre 1989 war nur ein Traum. Gorbatschow war nur drei Jahre an der Regierung und wird 1988 von den Kommunisten in Moskau gestürzt; die  alliierten Mächte beraumen sofort einen Gipfel an und beschließen unter dem Druck der militärisch neu erstarkten Sowjetunion die Wiedervereinigung Deutschlands mit der DDR - unter sozialistischen Vorzeichen!
Sofort wird die Außengrenze Deutschlands mit einer Mauer abgeriegelt, die letzten Flüchtlinge können noch in die Schweiz fliehen; einstige Großkonzerne und Sterne des Kapitalismus werden in volkseigene Betriebe und Kombinate umgewandelt.
Gesamtdeutschland ist ab sofort kein freier und demokratischer Staat mehr, sondern nennt sich nunmehr "DRD - Demokratische Republik Deutschland". Zu spät merken die westdeutschen Parteien, dass der "Wille zum demokratischen Kapitalismus", den die DDR-Führung so großspurig propagiert, in Wirklichkeit nur der Wille zur Erweiterung des sozialistischen Gedankenguts ist.
Der zehnte Jahrestag der Vereinigung mit Westdeutschland wird zum Triumphmarsch für die sozialistischen Führer der ehemaligen DDR.
Christian von Ditfurth spielt in seinem Roman "Die Mauer steht am Rhein" mit der Frage, wie die bundesdeutsche Realität aussehen würde, wenn die Mauer nicht zugunsten der BRD, sondern der DDR gefallen wäre.
Erzählende Person in seinem Roman ist ein ehemaliger Redakteur der "Rheinischen Post". Aus dem selbstgewählten Exil in der Schweiz, in die er kurz vor der endgültigen Schließung aller Grenzen der Republik durch die sozialistische Regierung fliehen konnte, erzählt er rückblickend über den Weg der ehemaligen Bundesrepublik zum Sklaven der DDR-Führung.
Die im Buch geschilderten politischen Abläufe können über weite Strecken überzeugen; fast alle bekannten Politgrößen aus der Zeit des Umbruchs tauchen im Text auf, historische Realität wird fließend mit Fiktion gemischt. Fragwürdig sind nur kleinere Passagen des Romans. So erinnern sich die USA aus Angst vor einer atomaren sowjetischen Bedrohung nach Jahren der friedlichen Zusammenarbeit und der Annäherung an Westdeutschland seltsamerweise blitzschnell wieder an den Versailler Vertrag und die Gräueltaten der Deutschen in den beiden Weltkriegen und befinden ebenso schnell, dass Westdeutschland durch die sozialistische Vereinigung mit der DDR seine Schuld endlich abtragen könne. Dieser Richtungswechsel wirkt ähnlich unglaubwürdig wie das unmotivierte Aufflammen antideutscher Stimmungen in Ländern wie Frankreich oder England. Diese Passage des Buches ist gleichzeitig seine schwächste: kaum erklärt, mit Argumenten versehen oder tiefergehend erläutert. "Die Mauer steht am Rhein" ist trotz dieser Mängel ein lesenswertes Buch: interessant für Historiker sowie für politisch interessierte Leser mit politischem Interesse. Eines darf bei all den geschilderten Unstimmigkeiten des Textes nicht vergessen werden: Der vorliegende Roman ist und bleibt eine Fiktion. Selbstverständlich hätten die Westmächte nach heutigem Kenntnisstand Deutschland in der Realität nicht für einen Schulterschluss mit der Sowjetunion geopfert - oder vielleicht doch? Denn wie heißt es im Klappentext des Buches so treffend: Die Realität ist immer nur eine Möglichkeit der Geschichte.
Oliver Georgi, Oberhessische Presse, 14. September 2000

 

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"Immer spannend"

3. Oktober 2000 - von Hamburg bis Dresden begehen die Menschen den zehnten Jahrestag der Demokratischen Republik Deutschland. Im Berliner "Palast der Republik" hat die Parteiführung der SEdDRD verdienstvolle Werktätige aus allen Teilen des Landes eingeladen, um diesen Tag zu feiern. Im Jahr zuvor hatte sich der II. Parteitag der SEdDRD zum Marxismus-Leninismus bekannt und den Aufbau des Sozialismus in Westdeutschland beschlossen.
Der Parteitag besiegelte das Ende der deutschen Sozialdemokratie, nachdem fünf Jahre zuvor die SPD der Vereinigung der deutschen Arbeiterbewegung freiwillig zugestimmt hatte. Die Nationale Volksarmee sichert die Landesgrenzen - und die reichen von Oder und Neiße bis hin zum Rhein.

Politisches Märchen

Es ist ein politisches Märchen, das Christian von Ditfurth erzählt - nach dem Motto: So hätte es auch kommen können. 1988 nämlich wird Michael Gorbatschow von Alt-Stalinisten weggeputscht. Danach drängen die Sowjets auf eine weltpolitische Neuordnung. Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges beschließen auf der Genfer Konferenz im Jahre 1989 die Wiedervereinigung Deutschlands, allerdings unter sowjetischer Kontrolle. Von da an geht alles seinen sozialistischen Gang.
Die DDR-Mark löst die D-Mark ab, ein Fünf-Jahres-Plan ersetzt die marktwirtschaftliche Anarchie in Westdeutschland. In den Supermärkten gewinnen Ostprodukte spielend die Oberhand. BMW und Daimler-Benz werden zum "VEB Autobau Süd" vereinigt und Volkswagens Modelle heißen künftig "Baikal" und "Amur". Entsprechend lang sind die Wartezeiten.

Ein fiktives Sachbuch

1993 allerdings erheben sich die verzweifelten Menschen in den westdeutschen Städten gegen die Diktatur der Kommunisten - doch der April-Aufstand wird von der Staatsgewalt niedergeschlagen. Prominentestes Opfer der Krise ist Erich Honecker - er wird von Egon Krenz gestürzt.
"Die Mauer steht am Rhein - Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" ist eine gelungene Mischung aus Dichtung und Wahrheit - ein fiktives Sachbuch. Manchmal bedrückend, manchmal heiter - immer spannend und außerordentlich detailgenau. Der Historiker und Ex-Kommunist von Ditfurth rechnet schonungslos mit der alten SED-Riege ab, macht sie mit ihren eigenen Argumenten lächerlich.

Vergnügliche Geschichte

Aber auch andere kriegen ihr Fett weg: Jürgen Möllemann etwa, der sich als erster auf die Seite der "Sieger der Geschichte" geschlagen hat. Oder Peter Boenisch, unter Krenz ZK-Sekretär für Information. Gewendet hat sich auch der "Spiegel" - der mit einer Serie zur Geschichte der SED überrascht. Hingegen versuchen im schweizerischen Exil Heiner Geißler, Joschka Fischer, Björn Engholm und andere, die zersplitterten demokratischen Kräfte der Ex-Bundesrepublik zu sammeln - mit mäßigem Erfolg. Am schlimmsten trifft es Otto Graf Lambsdorff - er wird als Kopf einer finanzkapitalistischen Verschwörung verhaftet.
Alles in allem eine durchaus vergnügliche Geschichte - macht sie doch auf die ihr eigene Art und Weise deutlich, dass es viel schlimmer hätte kommen können mit der deutschen Einheit.
Henrik Böhme, Deutsche Welle, Januar 2005

 

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