Kontakt
Christian v. Ditfurth
Wrangelstr. 91
10997 Berlin
Tel.: (030) 65006136
Fax: (030) 96601198
E-Mail
Stand: 12. 8. 2008
"Mehr als einmal
fragt sich Stachelmann, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn ihn vor Jahren
eine anmutige Staublunge heimgeholt hätte. Das aber wäre für ihn und anspruchsvolle
Krimileser wie uns ausnehmend schmerzlich gewesen."
Die Welt
"Schnell ist man
hierzulande mit Etiketten wie 'der deutsche Mankell' bei der Hand ... Abgesehen
davon, dass sich mit dem Ditfurth-Stoff die Nächte ebenso trefflich kürzen
lassen, wird man dem Autor damit nicht gerecht. Seine Figur ist unverwechselbar."
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
"Ein
kenntnisreich erzählter, süffig geschriebener, atmosphärisch
starker Kriminalroman"
Deutsche Welle
"Reihum glänzende
Kritiken"
Darmstädter Echo
"Mit seinem Stachelmann
hat Ditfurth der deutschen Krimiszene einen Charakter geschenkt, der sich
hoffentlich oft in den Gespinsten deutscher Vergangenheit verfängt."
Kieler Nachrichten
"Auch in seinem zweiten
Stachelmann-Krimi zeigt sich von Ditfurth als einer der besten deutschen Krimiautoren."
Max
"Dieser unfreiwillige
Ermittler und sein Autor gehören zum Besten, was die deutsche Krimilandschaft
derzeit zu bieten hat."
Nordkurier
"Der muffelige Geschichtsprofessor
ist mir irgendwie ans Herz gewachsen."
Brigitte
"Dieser Krimi ist
intelligent, mit Rückblenden und Schnitten geschickt aufgebaut und sehr, sehr
spannend."
Lübecker Nachrichten
"Was Josef Maria
Stachelmann zutage fördert, wirft ein helles Licht auf das, was bisher im
Dunkeln blieb."
Badische Zeitung
"Ausgesprochen gut
recherchiert, unterhaltsam geschrieben und spannend. ... Das Szenario erscheint
erschreckend real."
NDR Info
"Wir lesen, und sofort
werden wir in die Handlung gesogen; die Spannung steigt, ... und am Schluss
werden alle Fäden entwirrt, logisch überzeugend."
Gießener Allgemeine
"Der
wohl sympathischste und glaubwürdigste Ermittler, der derzeit auf dem deutschen
Krimimarkt zu haben ist"
amazon.de
"Das
Finale ... schreit nach Verfilmung."
Sächsische Zeitung
"Der Krimi fesselt
einen so sehr, dass man ihn gar nicht mehr aus der Hand legen möchte."
dpa
"Stachelmanns zweiter
Fall ... zeigt: Beim Krimi lohnt Umsteigen auf deutsche Autoren!"
Buchmarkt
"Dieser ungewöhnliche
Krimi besticht durch eine exzellente Dramaturgie."
Buchrezensionen online
"Eine spannende und
schlüssige ... Geschichte, wie sie nur in Deutschland spielen kann."
Kölner Stadtanzeiger
"Ein
böses Sittengemälde aus Deutschland."
Der Standard (Wien)
"Beklemmendes historisches
Kolorit"
Zofinger Tagblatt/
Mittelland-Zeitung (Schweiz)
Aus Rezensionen
über "Mann ohne Makel":
"Ein packender Krimi,
der zeigt, dass deutsche Autoren mit deutschen Themen bestens gegen internationale
Konkurrenz bestehen können."
Focus
"Ein erstklassiger
Roman"
Brigitte
"Ein höchst intelligenter,
spannender und lesenswerter Krimi"
WDR 4 Radio
"Wünscht man sich
also noch mehr Fälle für Josef Maria Stachelmann."
Die Welt
"Wallander ... hinterlässt
eine schmerzende Lücke bei Krimilesern. Vielleicht aber gibt es Trost.
Der kommt aus Hamburg, heißt Josef Maria Stachelmann und ist Historiker."
NDR Fernsehen
"Vielleicht macht
gerade diese Mischung aus Menschen- und Geschichtskenntnis das Buch vom 'Mann
ohne Makel' so unterhaltsam und spannend zugleich."
WDR 2 Radio
"Virtuos verwebt"
Südkurier
"Ein deutscher Thriller
vom Feinsten"
Wilhelmshavener Zeitung
"Superspannend"
Rheinische Post
"Deutschlands Antwort
auf Henning Mankell"
playboy
"Eine packende Geschichte!"
Hamburger Abendblatt
"Lässt
... auf weitere Ermittlungen dieses auf sympathische Weise zerknitterten Historikers
in der Rolle des Amateurdetektivs hoffen."
NDR Radio 3
"Hohes Suchtpotential"
Saarbrücker Zeitung
"Spannende Krimi-Geschichte"
Hannoversche Allgemeine
"Grausam genug, dass
das spannend sein kann"
Badische Zeitung
"Angenehm ist es,
im Leben oder im Buch einen Menschen zu finden, den man auf Anhieb sowohl
interessant als auch sympathisch findet."
Sächsische Zeitung
"Mit dem
stets vom privaten und beruflichen Scheitern bedrohten Uni-Dozenten (...)
besetzt von Ditfurth eine vakante Stelle unter den literarischen Ermittlern."
Nordkurier
"Der
erste Krimi überhaupt mit einem Historiker als Detektiv"
Lübecker Nachrichten
"Kunststück bravourös
gelungen"
dpa
"Einen
Stachelmann erfindet man schließlich nicht alle Tage."
Kölner Stadt-Anzeiger
"Makellos spannendes
Werk"
Hersfelder Zeitung
"Es ist eines dieser seltenen
Bücher, bei denen man nicht nur gut unterhalten wird, sondern auch noch viel
Geschichtswissen vermittelt bekommt."
Pforzheimer Zeitung
"Eine wirklich neuartige
Figur in der Krimiwelt"
P. S.
"Vermag die Lektüre
ums bittere Erbe der Naziväter angenehm leichtgängig zu unterhalten"
Bremer
"Unnachahmlich"
Buchmarkt
Kann man sich vergessen? Nagt die Vergangenheit an einem, gerade wenn sie von der Art ist, dass man sich für sie schämen könnte? Können Menschen aus ihrer Geschichte lernen? Nein, wir sind nicht bei Günters SS-Trommel. Wir sind bei den 68ern. Die haben in ihrer Jungmännerzeit auch Dinge getan, für die sich die Renegaten dieser Republik noch immer derart heftig schämen, dass sie mit der Beichte wohl erst herausrücken, wenn sie 78 sind. Christian von Ditfurth kürzt das ab. Er lässt seinen Historiker-Detektiv Josef "Jossi" Stachelmann über die Leiche seines alten Kumpels und Oberkommissars Oskar "Ossi" Winter in die gemeinsame Vergangenheit taumeln. Nach Heidelberg. Zum Thingstättenmord an einem "Verräter". Stachelmann, von Rheuma gepeinigt - und von der Vergangenheit und von seiner Habil-Schrift und seinen Frauen -, verliebt sich wieder in die Falsche, verrennt sich. Und findet heraus, dass die Vergangenheit tatsächlich finster ist, aber nicht an allem schuld. Ein sehr erhellendes Buch.
Die Welt, 26. August 2006
Zweimal hat Josef Maria Stachelmann seinem Freund Ossi Winter erfolgreich ins polizeiliche Handwerk gepfuscht – oder besser: die Mordermittlungen vor dem Hintergrund der einstigen „Arisierung“ Hamburgs und einer stasi-unterwanderten Fluchthelfergruppe auf den richtigen Weg gebracht. Als der dritte Stachelmann-Krimi beginnt, ist Ossi allerdings schon tot, und selbst seine Kollegen finden sich allen ungeklärten Fragen zum Trotz schließlich mit der These eines Selbstmordes ab.
Also ist es an dem zauderhaften Historiker, mal wieder vor der unfertigen Habilitationsschrift und obendrein vor seiner Anne, deren Kind ihn nicht nur im Wortsinn aus der Ruhe bringt, zu flüchten in kriminalistische Recherchen und in die Vergangenheit: Eine Akte auf Ossis Schreibtisch führt ihn auf die Spur des Heidelberger Thingstättenmordes während der gemeinsamen Studentenzeit. Ob damals die Nazis einen Gegner oder die Linken einen der Ihren als vermeintlichen Verräter hingerichtet hatten, war nie geklärt worden. Und als Stachelmann nachforscht, gibt es weitere Todesfälle …
Ewig pendelnd zwischen zweiflerischem Zögern, Beharrlichkeit und plötzlicher Entschlusskraft, ist der Historiker seinen Lesern mittlerweile ans Herz gewachsen und fordert das Hirn nicht minder. Ausgeklügelt auch diesmal die erzählerische Form, die mit den parallel zur Haupthandlung entwickelten Aufzeichnungen eines Mord-Beteiligten allmählich Vergangenheit und Gegenwart zusammenführt.
Der titelgebende Wahn wirft seine Schatten auf beide Erzählebenen; stellt Haltungen in Frage, ohne zu denunzieren. Und nachdem sich alles so spannend wie zwingend auf eine Lösung hin zu entwickeln scheint, wartet der Autor noch mit einer Überraschung auf. Nicht auszudenken, was aus Stachelmanns kriminalistischen Qualitäten wird, wenn er eines Tages doch die Habilschrift fertig stellt.
Susanne Schulz, Nordkurier, 25. August 2006
Stachelmann ist noch einmal davongekommen. Der etwas weltfremde Historiker, den Christian von Ditfurth vor ein paar Jahren in die deutsche Krimilandschaft setzte, hat seinen dritten Fall überstanden. Bei den ersten beiden half er seinem alten Kumpel, dem Hamburger Kommissar Winter, eher unfreiwillig, der jüngste beginnt mit Winters Tod. Selbstmord?
Stachelmann will es nicht glauben, bastelt sich seine Theorie, und das Geschehen nimmt seinen Lauf. Wieder mal vernachlässigt er Habilitationsschrift und Freundin, stürzt sich in private Ermittlungen, allein gegen den Rest der Welt. Der eingefleischte Eigenbrötler, geplagt von Rheuma und latenter Beziehungsunfähigkeit, begibt sich in die Tiefen und Untiefen seiner und Winters revolutionärer Studentenvergangenheit. Damals geschah in der linken Studentenszene Heidelbergs ein Mord. Es könnte ja sein, dass Winters Tod Jahrzehnte später irgendwie damit zusammenhängt.
Wie in den beiden ersten Fällen - als es um Verstrickungen aus der NS-Zeit und um MfS-Seilschaften im Westen ging - braucht Stachelmann seinen gesamten Historiker-Sachverstand, um sich einen Reim auf die verwickelten Geschehnisse zu machen.
Er sucht und findet Gefährten aus alter Zeit - und die sind inzwischen fast ausnahmslos kaputte Außenseiter, Anpasser oder Zyniker geworden.
Bis nach Italien fährt Stachelmann der Wahrheit hinterher; er klärt den neuen und gar nicht nebenbei den alten Mord auf. Wie es sich gehört, ist alles ganz anders, als er vermutete. Immerhin hatte er Gelegenheit, ordentlich mit dem politischen Jugendwahn der '68er abzurechnen. So oft und inbrünstig geißelt der Hobbydetektiv die Anmaßungen und Verblendungen des einstigen Revoluzzertums, dass es bisweilen klingt wie eine Selbsttherapie des Autors. Dennoch, das Ganze liest sich ausgesprochen spannend und spätestens nach diesem dritten Fall fragt man sich, wann sich Produzent, Drehbuchautor und Regisseur finden, die Geschichten um den meist missvergnügten Privatermittler zu verfilmen. Das Zeug dazu haben sie allemal.
Wolfgang Hübner, Neues Deutschland, 4.-8. Oktober 2006
Er kann es einfach nicht lassen, Josef Stachelmann. Eigentlich sollte der Historiker endlich seine Habilitations-Arbeit fertig stellen, damit seine akademische Laufbahn nicht in Gefahr gerät. Nein, er muss wieder Detektiv spielen! Doch dieser Fall berührt ihn selbst, denn sein Freund Ossi, Oberkommissar Oskar Winter von der Hamburger Kripo, ist tot. Alles scheint klar auf Selbstmord hinzudeuten. Doch warum hatte Ossi im Augenblick seines Todes die Mordakte aus der Zeit der Studentenrevolten in den 70er-Jahren auf seinem Schreibtisch liegen? Ossi und auch Stachelmann hatten damals in Heidelberg studiert und glaubten an die Revolution. Stachelmann begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit und hofft, den Mord von damals und den Mord an Ossi aufzuklaren. Bis zur letzten Sekunde glaubt Stachelmann nicht an Ossis Freitod.
Der Autor zählt mit Recht zu den besten deutschen Krimiautoren, weil seine Geschichten um Stachelmann brillant und hochintelligent geschrieben sind.
Michael Helbig, Lausitzer Rundschau, 7. August 2006
Stachelmann ist wieder da. Der Historiker, der knifflige Mordfälle löst. Kritiker nennen ihn schon den norddeutschen Wallander. Diesmal lässt Christian von Ditfurth, der Krimiautor aus Ahrensbök bei Lübeck und selbst Historiker, seinen Ermittler einen Mord aus der Zeit der Studentenbewegung aufklären.Es ist Stachelmanns 3. Fall. "Schatten des Wahns" heißt das Buch.
Zitat: "Du bist ein Verräter"! "Nein! Nein!"
Ein Mord in Heidelberg vor 30 Jahren. Studenten bringen einen Mitstreiter um. Das Verbrechen wurde nie aufgeklärt. Fememord unter Linksextremisten - hinter dieser Geschichte steckt ein echter Fall, sagt Christian von Ditfurth:
"Ja, denken Sie mal an Schmücker, also das ist nicht frei erfunden. Der für den Verfassungsschutz in Berlin als Spitzel gearbeitet hat und dann von seinen Genossen umgebracht worden ist. Das ist natürlich ein bisschen Vorlage dafür."
Ditfurth war als junger Mann selbst in linksextremen Kreisen aktiv. In der DKP hat er es immerhin bis zu den höheren Weihen geschafft - bis auf die Parteikader-Schule in Ost-Berlin.
"Als ich studierte, war das ja nix Exotisches. Die Vorstellung, daß man zu Recht Leute umbringen kann, weil sie Verräter sind, die gab es. Solche Denkstrukturen kenne ich, ja."
Der Mord von damals - plötzlich wieder aktuell. Der Historiker Stachelmann findet die Akten des Falls nämlich auf dem Schreibtisch seines toten Freundes Ossi, eines Polizisten, mit dem er auch damals in Heidelberg studiert hat. Ossi hat offenbar Selbstmord begangen. Oder war es doch Mord?
Zitat: Wieder irrlichterte der Gedanke durch seinen Kopf: Jemand wie Ossi hätte sich nicht getötet. Das wäre die große Niederlage gewesen. Und nichts haßte Ossi mehr als Niederlagen. Getötet in einer Schießerei mit Bankräubern. Besser. Um eine schöne weibliche Geisel zu retten, wirft er sich in die Maschinenpistolensalve von Deutschlands gefährlichstem Verbrecher. Das wäre ein Tod à la Ossi gewesen.
Wie besessen ermittelt Stachelmann. Er fährt nach Heidelberg und taucht in die alte Studenten-Zeit ein. Wie war das damals? Dabei kommt beim Autor Christian von Ditfurth viel Sympathie für die Proteste von damals ’rüber:
"Nur was danach kam, als die APO zusammengebrochen ist. Sagen wir mal Ende der 60er Anfang der 70er Jahre, als der SDS sich auflöste und danach es mehr Politbüros gab als Studenten: Das ist diese Phase der Lächerlichkeit. Das steht - glaube ich - sogar im Buch. Das ist nur noch lächerlich."
Bei den Ermittlungen wird Stachelmann in Heidelberg krankenhausreif geschlagen. Zeugen, die er befragt hat, kommen unter mysteriösen Umständen ums Leben. Zufall? Oder ein tödliches Komplott? In "Schatten des Wahns" geht es nicht nur die Verblendung von ein paar Extremisten vor 30 Jahren. In Ditfurths Krimi geht es auch immer um die Möglichkeit, wirren Verschwörungsphantasien zu erliegen.
Die Vorstellung, daß irgendetwas ihn verfolgt, daß irgendein Schicksal oder konkrete Menschen ihm Böses wollen, und manchmal sieht es so aus, als wäre die Paranoia gar keine Paranoia, weil sie berechtigt ist, weil er wirklich verfolgt wird.
Stachelmann hat es nicht leicht. Er ist eigentlich ein Verlierer-Typ. Auf seinem Schreibtisch stapeln sich die Akten zum - wie er sagt - "Berg der Schande". Seine Habilitationsschrift wird und wird nicht fertig. Mitleidige Kollegen legen ihm Zeitungsartikel mit Tipps gegen Rheuma auf den Schreibtisch.
Ditfurth: Jeder, der wie ein großer Held oder Superman durch die Gegend marschiert und alles mit links erledigt, ist ja eine langweilige Gestalt. Gerade weil er kein Superheld ist, und weil er auf ganz krummen zu bestimmten Ergebnissen kommt, fand ich das gerade richtig. Also: das entspricht mir eher.
Nicht nur wegen des sympathischen Helden ist "Schatten des Wahns" ein lesenswertes Buch. Es ist auch ein spannender Blick auf die Denkstrukturen von Extremisten.
Ditfurth: Wichtig ist, daß man aufzeigt, was sich Leute herausnehmen, wenn sie an bestimmte Dinge glauben. Ganz fest glauben!
Daniel Kaiser, NDR-Info, 11. Oktober 2006
"Wer ist der Hauptfeind des Historikers. Der Zeitzeuge", doziert Joseph Maria Stachelmann, wissenschaftlicher Assistent am Historischen Seminar in Hamburg, und tappt prompt in eine geschickt konstruierte Zeitzeugenfalle. Denn Christian von Ditfurths akademisch gebildeter Amateurdetektiv jagt in seinem nunmehr dritten Fall den Schatten seiner eigenen Vergangenheit hinterher. Allerdings verliert er sich dabei lange Zeit im Dunkel haltloser Hypothesen und zweifelhafter Verdächtigungen, bevor er sich auf den letzten Seiten den passenden Reim auf das Verbrechen machen kann.
Der mysteriöse Freitod von Kriminalkommissar "Ossi" Winter, seinem langjährigen Freund, weckt Erinnerungen an die gemeinsame, pseudorevolutionäre Studentenzeit gegen Mitte der 70er Jahre. Vor allem aber machen Stachelmann die Akten eines damals unaufgeklärten Mordes stutzig, die Ossi kurz vor seinem Ableben noch durchgeblättert haben muss. Er glaubt nicht an die Selbstmordthese der Polizei. Er glaubt an einen Zusammenhang zwischen Ossis Tod und dem Mord aus vergangenen Zeiten.
Psychogramm eines seelisch labilen Akademikers
Stachelmann lässt also wieder einmal alles stehen und liegen, um sich ganz und gar der Verbrechensaufklärung zu widmen. Aber auch den wichtigen Entscheidungen in seinem Privat- und Berufsleben aus dem Weg zu gehen. Seine Habilitationsschrift muss beendet und seine Beziehungs- und Familienprobleme geklärt werden. Denn die privaten wie beruflichen Konflikte nagen schon seit dem ersten Fall ("Mann ohne Makel") an seinen Nerven. Auch jetzt lassen sie ihn wieder in tiefe Depressionen fallen und an etlichen Selbstzweifeln leiden. Ditfurths Krimis liefern nämlich über das reine Spannungsmoment hinaus immer auch das Psychogramm eines seelisch labilen Akademikers.
Und in diesem Fall ist die seelische Not gleich doppelt groß, weil Stachelmann seine Heidelberger Studentenzeit aufarbeiten will, in der er mit Ossi zusammen für eine gerechtere Welt agitiert hat. Marx, Che Guevara und Ho Chi Minh hießen die Säulenheiligen, in deren Namen er so manch politische Dummheit verzapft hat. Manche Aktivisten nahmen die ideologische Sendung allerdings so ernst, dass sie möglicherweise auch zu einem Fememord bereit waren. Zumal wenn einer von ihnen Geheimnisse an den Verfassungsschutz ausgeplaudert haben soll. Wie angeblich Joachim Lehmann, der mit einem Genickschuss hingerichtet und dessen Mörder nie gefasst wurde. Vielleicht war Ossi ihm nach dreißig Jahren so dicht auf den Fersen, dass er dafür mit dem Leben bezahlen musste. Vielleicht war Ossi sogar selbst daran beteiligt und hat deswegen den Freitod gewählt. Auf diese Fragen versucht Stachelmann, Antworten zu finden - nicht zuletzt, um auch seine eigene Position in dieser Sache zu finden.
Übersehene Fährten
Dafür begibt er sich auf Spurensuche in die romantisch verklärte Universitätsstadt Heidelberg am Neckar, wo er ehemalige Kommilitonen aushorcht, Zeitungs- und Universitätsarchive durchforstet und Fotos von Lehmann und seinen Freunden auf entsprechenden Demos findet. Die gesammelten Spuren führen ihn bis in die Toskana und damit in die Nähe der potenziellen Täter. Nur nachweisen kann er ihnen nichts, und Ossis Tod bleibt nach wie vor rätselhaft, sodass Stachelmann schon fast bereit ist, aufzugeben und sich wieder in seine akademische Arbeit zu stürzen. Wäre da nicht ein bislang übersehenes Detail, der Ossis Selbstmord in ein neues Licht rückte und diesmal handfeste Beweise lieferte. Um diese aber erbringen zu können, geht der sonst so zögerliche Stachelmann ein fast tödliches Risiko ein.
Auch wenn Stachelmanns Geistesblitz am Schluss etwas sehr überraschend und brachial einschlägt, hat Ditfurth doch die bis dahin gelegten Fährten geschickt ausgelegt. Die Obsession, mit der sie sein manchmal allzu menschlicher Titelheld verfolgt, macht jeden seiner Schritte und Gedankengänge glaubhaft. Spannung erzeugen aber nicht nur die Ermittlungen des sturen Historikers und die immer wieder eingestreuten Tagebuchaufzeichnungen des Täters, sondern auch Stachelmanns persönliches Schicksal. Wird er seine Habilschrift rechtzeitig und vollständig korrigiert abgeben? Wird er die Beziehung zu seiner Freundin Anne und zu seiner krebskranken Mutter sanieren können? Oder reift vielleicht im nächsten Roman sein Entschluss, den Job als Geschichtsprofessor sausen zu lassen und zur Kripo zu gehen? Die Grenzen zwischen beiden Berufen sind ja anscheinend fließend, wie der studierte Historiker Ditfurth mit viel Fach- und Milieuwissen erneut unter Beweis gestellt hat.
Jörg von Bilavsky, literaturkritik.de, August 2006
Nein, Ermittler sind nicht immer die coolen Typen, die sich kettenrauchend erst eine Frau klar machen, dann ihres schlimmsten Widersachers entledigen und so ganz nebenbei einen spektakulären Fall lösen. Im Gegenteil. Häufig sind sie eher stillere Typen. So wie Josef Maria Stachelmann. Er ist Doktor der Geschichte an der Hamburger Universität und hat drei riesige Probleme. Zum einen sein Liebesleben, zum zweiten seine Habilitationsschrift und zum dritten seine chronischen Rückenschmerzen.
In "Schatten des Wahns" lässt Autor Christian von Ditfurth seinen Protagonisten in seinen dritten Fall schlittern. Und wie immer ist es der Zufall, der Stachelmann zum Ermittler werden lässt. Sein ehemaliger Studienkollege Oskar, genannt "Ossi", Winter hat offenbar Selbstmord begangen. Unmittelbar zuvor hatte er in einer Akte über einen Fememord in Heidelberg, dem gemeinsamen Studienort der beiden, geblättert. War der Polizist an den Geschehnissen während der Studentenrevolten Ende der 60er-Jahre beteiligt, oder ist er ihretwegen ermordet worden? Stachelmann stürzt sich in die Ermittlungen, die ihn bis in die Toskana führen. Er reist zurück in seine studentische Vergangenheit und findet tatsächlich neue Spuren. Doch reichen diese aus, um die Mordtheorie zu verdichten?
Josef Maria Stachelmann ist eine der gelungensten Krimi-Figuren der vergangenen Jahre. Man leidet mit ihm, wenn er sich von einer amourösen Verlegenheit in die nächste stürzt. Jeder, der wie der Historiker am schmerzenden Rücken leidet, empfindet mit ihm, wenn der Schmerz aufkommt. Und fast alle Menschen kennen das Gefühl, wichtige Arbeiten (wie die einer Habilitation) von sich zu schieben. Für von Ditfurth und Stachelmann gibt es nur ein vergleichbares Duo: Henning Mankell und Kurt Wallander.
Stefan Flomm, Harburger Anzeigen und Nachrichten,
4. September 2006
Deutsche beschäftigen sich intensiver mit der eigenen Geschichte als Österreicher. Eine Tugend, der auch der Historiker Christian von Ditfurth in seinem jüngsten Kriminalroman "Schatten des Wahns" (Verlag Kiepenheuer & Witsch) auf sehr spannende Art frönt. Oberkommissar Ossi Winter, ein Freund von Historiker-Detektiv Josef Stachelmann, ist tot. Die Polizei vermutet Selbstmord. Stachelmann tippt auf Mord und startet eine Reise in die eigene Vergangenheit, zurück nach Heidelberg, wo er gemeinsam mit Ossi studiert und an die Revolution geglaubt hat. Er deckt auf, dass Ossi den "Thingstättenmördern" auf der Spur war und gerät dabei ins Fadenkreuz der Verbrecher.
Kurier (Wien), 14. September 2006
Seine Kriminalromane sind immer spannende Zeitreisen in die jüngere deutsche Vergangenheit. Das ist kein Wunder, schließlich ist Christian von Ditfurth Historiker, genau wie sein eigenwilliger Serienheld Josef Maria Stachelmann. Der Rheuma geplagte Unidozent, der mit seiner Habilitationsschrift über das Konzentrationslager Buchenwald einfach nicht zu Potte kommt und sich mit seinen Beziehungen ebenfalls sehr schwer tut, hat ein Talent dafür, sich in Mordfälle verwickeln zu lassen. Dieses Mal ist das Opfer Oskar Winter, Oberkommissar bei der Hamburger Kripo und ein alter Freund Stachelmanns. Angeblich hat er Selbstmord begangen, und das nicht etwa mit der Dienstpistole, sondern mit einem Medikament, das noch gar nicht auf dem Markt ist. Das passt ganz und gar nicht zu Ossi, findet Stachelmann, der nur nach einer willkommenen Gelegenheit sucht, sich vor dem ersten gemeinsamen Urlaub mit seiner Freundin Anne und ihrem nervtötenden Kleinkind zu drücken.
Auch der letzte Feinschliff an seiner unendlichen Habilarbeit lässt sich so noch einmal wunderbar hinauszögern. Also bringt er weder sein Privat- noch sein Berufsleben in Ordnung, sondern reist zurück in die eigene Geschichte. Offenbar hat Ossi sich kurz vor seinem Tod mit einem nie geklärten Mordfall beschäftigt, der in Heidelberg passierte, als Stachelmann und er dort die letzten Nachwehen der Studentenbewegung miterlebten. Der selbst ernannte Ermittler glaubt sich auf der richtigen Spur, sucht alte Genossen und Studienfreunde auf, und schafft es tatsächlich, das Rätsel des 30 Jahre alten Heidelberger Thingstättenmords zu lösen. Nur dass das Ganze überhaupt nichts mit Ossis Tod zu tun hat, begreift er erst in der allerletzten Minute, als es ihm selbst an den Kragen geht ...
Sylter Spiegel, 23. August 2006
Der Historiker und Amateurdetektiv Josef Maria "Jossi" Stachelmann wird nachts von Carmen, einer Polizistin, aufgesucht. Sein Freund Oskar „Ossi" ist tot. Dieser, von Beruf Oberkommissar, wurde in seiner Wohnung am Schreibtisch gefunden, sein Kopf lag auf einem Aktenordner mit Bildern, Artikeln und Flugblättern aus den 70ern. Zur Zeit der damaligen Studentenproteste waren die beiden befreundeten Männer an der Heidelberger Uni eingeschrieben. Damals wurde in einer ehemaligen Nazistätte im Wald ein Kommilitone ermordet. Der Fall blieb ungeklärt. Stachelmann glaubt nicht, dass Ossi sich selbst umgebracht hat, sondern dass zwischen beiden Fällen eine Verbindung besteht. Zusammen mit Ossis Freundin Carmen beginnt er zu recherchieren, statt weiter an seiner Promotion zu schreiben. Stachelmanns dritter Fall führt ihn in seine Vergangenheit und zu seiner alten Clique.
Ditfurths Protagonist ist ein von Rheuma gebeutelter Historiker, der weder mit seiner Freundin Anne noch mit seinem Berufsleben klarkommt. Zeitweilig nervt er damit nicht nur sein fiktives Umfeld, sondern auch den Leser. Statt die Dinge" in die Hand zu nehmen und ins rechte Licht zu rücken, verfängt er sich immer mehr in Schwierigkeiten - bis eine erotische Affäre ihn fast das Leben kostet. Dieser Krimi ist dennoch spannend und unterhaltsam und gibt einen guten Einblick in die studentischen Aktivitäten Ende der 70er Jahre.
Kölner Illustrierte, September 2006
Mit "Schatten des Wahns" legt Christian von Ditfurth seinen dritten Stachelmann Roman vor. Von Fällen zu sprechen, ist angesichts der jeweiligen Prämissen schon schwieriger, denn der von Rheuma gebeutelte Historiker Stachelmann begegnet zumindest in zwei dieser drei deutsche Geschichte wieder spiegelnden Büchern in erster Linie seiner eigenen Vergangenheit oder wird durch einen persönlichen, erotischen Fehltritt in das Geschehen einbezogen.
Nach der Aufarbeitung des Schicksals einer jüdischen Familie während der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft in Hamburg und einer daraus folgenden späten Rache an einer Familie der besseren Gesellschaft im ersten Band "Mann ohne Makel" setzte sich Christian von Ditfurth mit der deutsch- deutschen Fluchthelfersituation vor und nach der Wende in "Mit Blindheit geschlagen" auseinander. Im Grunde platziert er mit den Studentenunruhen Ende der siebziger Jahre in und um Heidelberg den dritten Band historisch zwischen diese beiden Romane, in Bezug auf seinen mehr und mehr dreidimensionaler und charakterlich abgerundeter dargestellten ein wenig exzentrischen Stachelmann betritt er allerdings Neuland. Es ist auf der einen Seite eine intimere Geschichte, Stachelmann setzt sich mit seiner eigenen Jugend, seiner Zeit als Student auseinander, auf der anderen Seite die Geschichte eines Mordes und eines vielleicht daraus folgenden Selbstmordes.
Sein Freund Ossi ist tot. Der Oberkommissar Oskar Winter von der Hamburger Kripo wird über seinen Schreibtisch zusammengebrochen in seiner Wohnung gefunden. Sein Kopf ruht auf einem alten Aktenordner mit Ausschnitten von Zeitschriften, Bildern und Protokollen aus den siebziger Jahren. Aus Heidelberg, dem Herz der studentischen Unruhen. Die Akte berichtet von einem nicht aufgeklärten Mord an einem jungen Studenten. Dieser fand auf dem Gelände einer alten Nazistätte statt. Damals schottete sich die Revolution gegen die faschistischen und kapitalistischen Elemente ab. Zu dieser Zeit hat Stachelmann Ossi Winter kennen gelernt, zu dieser Zeit hat Stachelmann auch in Heidelberg studiert und zumindest einen Augenblick mit Blindheit geschlagen als den Traum eines Arbeiterparadieses geglaubt.
Ossi Winter ist zu diesem Zeitpunkt sein Freund geworden, bis sich ihre Spuren verloren haben. Hat dieses ungeklärte Verbrechen über die Zeit hinaus nach seinem Freund gegriffen. Die Behörden wollen schnell die Akten schließen, Selbstmord. Nur Stachelmann glaubt nicht zuletzt aufgrund der Perfektion des Selbstmordes mit zwei getrennt eingenommenen, an sich tödlichen Medikamenten an diese These. Zusammen mit Ossis Freundin, einer Polizistin, beginnt er seine Recherchen, nichts ahnend, dass sich mit rasanter Geschwindigkeit Vergangenheit und Gegenwart rasant aufeinander zu bewegen und schnell auch sein Leben bedrohen.
In seinem ersten Krimi untersuchte Christian von Ditfurth ganz bewusst mehr das "Warum" einer historischen Entwicklung und ließ – im Gegensatz zum üblichen Krimiklischee – keinen Zweifel von Beginn an, wer der Täter ist. In "Mit Blindheit geschlagen" versteckte er sowohl Täter als auch Motiv über weite Strecken des Romans und hat so einen fesselnden modernen, doch gleichzeitig historischen Krimi geschaffen. "Schatten des Wahns" folgt dieser Bahn, wenn auch Christian von Ditfurth sich in diesem dritten Buch ein wenig in die Enge geschrieben hat. So legt er – um seinen Plot aufzuklären – an einer Stelle des Romans nicht nur eine falsche Spur, was für einen Autoren erlaubt ist, er lässt Stachelmann in einer Unterhaltung mit einem Dritten seine Leser anlügen und schildert ganz bewusst subjektiv eine Szene gänzlich anders.
Diese nicht unbedingt literarisch feine Zuflucht ist nötig, um schließlich für den Täter ein Motiv zu schaffen, das in der Gesamtbetrachtung des Romans zu oberflächlich und eher an den Haaren herbeigezogen ist. In einem starken Kontrast zum schwachen, aber in dieser Konstellation aus persönlicher und kriminaltechnischer Hinsicht notwendigen Ende steht die eigentliche Ermittlungsarbeit Stachelmanns. Von Ditfurths Stärke ist nicht nur sein historischer Hintergrund, sondern seine persönlichen Erfahrungen. Er hat sich nicht nur mit dem schrecklichen Phänomen des Nationalsozialismus auseinandergesetzt, sondern sich insbesondere zu seiner Studentenzeit auch dem Sozialismus/ Kommunismus zugewandt. Diese positiven wie negativen Erfahrungen integriert er in die ansonsten sehr geradlinige Kriminalhandlung.
Es gelingt ihm, die unruhige Zeit der siebziger Jahre mit den Studentenunruhen und der oft hysterischen Reaktion des Establishments farbenprächtig, authentisch und überzeugend zum Leben zu erwecken. Mit kleinen Details und vielen Hintergrundinformationen versehen wird dem Leser diese Welt allerdings durch die Augen des inzwischen "müden", angepassten Stachelmanns vorgeführt. Dadurch schafft er eine notwendige Distanz. Aus den Aufzeichnungen und einigen persönlichen Gesprächen strahlt noch eine fanatische Aufbruchstimmung, eine Verblendung der ungeformten Persönlichkeiten auf den Leser über, die meisten der von Stachelmann geführten Gespräche mit ehemaligen Mitstudenten, Freunden und "Zeitzeugen" verdeutlichen den Augenblick, in dem alles möglich gewesen wäre, aber wenig wirklich umgesetzt worden ist. Entweder trifft er auf gescheiterte, in der Vergangenheit lebende Existenzen am Rande unserer Gesellschaft oder auf die etablierten, die es in ihren Berufen wie Arzt oder Rechtsanwalt geschafft haben und denen die Recherche eines inzwischen in Vergessenheit geratenen Verbrechens nicht gelegen kommt. Aber mehrmals betont Stachelmann, dass Mord niemals verjährt.
Am Ende dieser sehr schwierigen, aber schließlich erfolgreichen Aufklärung steht Stachelmann mit leeren Händen dar. Es sind diese Momente, in denen Christian von Ditfurth seinen Protagonisten als Verlierer zeichnet, die das Buch beleben. Dabei könnte es sich der Querkopf Stachelmann sehr viel einfacher machen. Er müsste seine Promotion fertig stellen und abgeben, könnte an der Hamburger Universität weiter unterrichten und mit Anne zusammenleben. Sie möchte ein weiteres Kind, er möchte Junggeselle bleiben und dennoch geliebt werden. In diesem dritten Buch zeichnet von Ditfurth Stachelmann im Grunde als Außenseiter der Gesellschaft, isoliert in seinem eher kontaktfreudigen Beruf, in der Vergangenheit gefangen und selten in der Lage, wirkliche Freunde zu empfinden. Auf emotionaler Ebene fast nicht lebensfähig, immer wieder unterstützt und behütet von Anna, die ihn liebt und die er immer wieder verletzt.
Etwas unrealistisch wirkt die stetige Tendenz, diesen oft waidwund erscheinenden nicht sonderlich hübschen oder über weite Strecken des Buches wirklich sympathischen Charakter immer neue Affären mit attraktiven Frauen auf den stattlichen Leib zu schreiben. In "Mit Blindheit geschlagen" kostet ihn eine solche Affäre nicht nur Anne Vertrauen, sondern fast sein Leben. Anne verzeiht ihm. Im vorliegenden Roman sind es zwei Frauen, denen er begegnet und die ihn in seinen Bann ziehen. Unwillkürlich hat der Leser das Gefühl, hier versucht der Autor seine ansonsten dreidimensionale, wenn auch nicht einfache Figur mit zu viel Leben auszustatten. Das wirkt auf die Dauer unrealistisch und Christian von Ditfurth täte gut daran, dieses Konzept für den vierten in Arbeit befindlichen Stachelmann aufzugeben. Im Zuge einer stetigen Wiederholung droht aus unrealistisch irgendwann langweilig zu werden.
Auf der anderen Seite ist Stachelmann eine Art Resonanzbrett deutscher Geschichte. Nicht zuletzt aufgrund der Mischung aus persönlicher Erfahrung und wissenschaftlicher Forschung klärt er im Zuge seiner Ermittlungen dieser Leser über einzelne Eckpunkte unserer Geschichte auf. Die Stärke Stachelmanns ist, dass er seine Leser nicht belehren oder gar bevormunden will. Der Leser verfolgt, wie er sich selbst an einzelne Details zu erinnern beginnt, andere Puzzlestücke aus den Archiven deutschen Zeitungen hinzufügt und schließlich in der persönlichen Begegnung das Bild abrunden kann. Das diese Ermittlung schließlich in einer Art persönlichem Vakuum endet, wird zu einem sehr passenden Bild dieser kurzlebigen revolutionären Bewegung.
"Schatten des Wahns" ist ein über weite Strecken sehr spannender Krimi, eine intimen Reise ins eigene Ich, in die eigene Vergangenheit zeigt er in seinem Protagonisten gleichzeitig die Furcht vor zukünftigen Veränderungen auf und eine fast masochistische Tendenz, diesen notwendigen Veränderungen zu entfliehen. Wie in seinen anderen Büchern gelingt dem Autoren ein lebendiges Portrait einer historischen Episode neuerer deutscher Geschichte, eingehüllt in eine geradlinige, wenn auch nicht immer schlüssige Kriminalhandlung.
Die oft ein wenig hölzern klingenden Dialoge seiner vorangegangenen Romane ersetzt er durch lebendige Zwiegespräche, die Charakterisierung insbesondere der Nebenfiguren ist überzeugend und vielfältig. Mit sichtlichem Vergnügen lässt der Autor revolutionäre Gedanken zwischen Windeln und Schnapsflasche in einer verwahrlosten Küche von einer ungepflegten jetzigen sowie allein gelassenen Mutter und ehemaligen Mitstudentin rezitieren. Die Revolution hat ihre Kinder gefressen, setzt aber fast eine Generation später immer noch Emotionen in seinen Figuren frei. Wie schwierig dieses Thema auch heute noch sein kann, zeigt der Autor eher unfreiwillig am Ende seines Buches auf. Diese Veränderungen werden aus Gefühlen heraus geboren und enden im Hass.
Thomas Harbach, Krimicouch.de, August 2006
Mit der Abschaffung der Folter und der Einführung des Indizienbeweises zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand mit der Kriminalliteratur ein neues literarisches Genre. In den Geschichtswissenschaften weckte das Indizienverfahren nicht nur einen neuen empirischen Geist, sondern es ermöglichte den Historikern einen neuen Spielraum für ihre Interpretationen. Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts verglichen die historiographische Arbeit mit der Arbeit von Untersuchungsrichtern, Detektiven und Kriminalisten, womit sie die Topoi von der "Geschichte als Weltgericht" oder dem Historiker als Richter über die Vergangenheit in den Hintergrund drängten und damit ihren Standpunkt verobjektivierten. In den kriminalistischen Praktiken - vorgeführt in literarischen Fiktionen - erkannten die Historiker die Praxis der eigenen Forschung wieder. Dass sich die Kriminalliteratur verstärkt der politischen Vergangenheit widmen sollte, war dabei nur eine Frage der Zeit. Spätestens seit Ende der Siebziger Jahre hat sich der historische Kriminalroman als Subgenre der Kriminalliteratur ausgebildet, schon vorher hatten sich der an der Zeitgeschichte orientierte Politthriller etabliert. Grundsätzlich bilden sich zwei Modelle des historischen Kriminalromans aus: Entweder verwickelt man den Ermittler in einen Fall, bei dem die Spuren der Vergangenheit relevant werden. Oder aber man verlegt den Plot in die Vergangenheit und siedelt dort einen Ermittler an, der nicht nur den Fall, sondern auch über die Geschichte aufklärt.
Christian v. Ditfurths Kriminalromane um den Historiker Dr. Josef Maria Stachelmann repräsentieren den ersten Traditionsstrang, von denen der erste Band "Mann ohne Makel" (2002) nun ins Französische unter dem Titel "Un homme irréprochable" übersetzt worden und der dritte Band "Schatten des Wahns" (2006) gerade in Deutschland erschienen ist. "Ein Historiker ist der perfekte Kriminalist", hat sich Ditfurth - der selbst Historiker ist - geäußert, denn "jeder Mord ist doch historisch, seine Ursache liegt immer in der Vergangenheit."
In "Mann ohne Makel" lernt der Leser einen Protagonisten kennen, der am Historischen Seminar der Hamburger Universität arbeitet und nicht nur an Arthritis leidet, sondern auch an seiner Habilitation über die Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald, die nicht fertig werden will. Seinen politisch apathischen Studenten kann Stachelmann wenig abgewinnen. Umgekehrt ist dies anders, hat es doch eine Studentin auf ihn abgesehen. Und dann ist da noch die junge Doktorandin Anne, die Angst vor der Arbeit in historischen Archiven hat. Das ist keine gute Voraussetzung für die gemeine Vorstellung vom echten Historiker, doch kein Grund für Stachelmann, sich nicht näher mit ihr einzulassen. Was zunächst als Campusroman beginnt, verändert sich, als Stachelmanns alter Bekannter "Ossi" Winter aus links bewegten Studienzeiten auftaucht. Dieser hat die Seiten gewechselt - er ist Kriminalpolizist geworden - und sucht Stachelmann auf, um ihn in einem Fall zu konsultieren, dessen Lösung in die Vergangenheit führt.
Innerhalb kurzer Zeit wurden Frau und Kinder eines Hamburger Immobilienmaklers ermordet. Klar scheint zu sein, dass jemand eine alte Rechnung mit der angesehenen Familie begleichen will, doch was ist das Motiv? Die Spuren führen - Stachelmann kann sein historisches Wissen und seine Erfahrung in der Archivforschung nutzen - zurück in den Nationalsozialismus und zu den Profiteuren der "Arisierung", einem Kreis von Hamburger Maklern und ihren Helfershelfern. Geschickt weiß Ditfurth mit dem Genre umzugehen: er legt verschiedene Spuren, setzt seinen rheumatischen Antihelden verschiedenen Gefahren aus und schränkt langsam aber sicher den Kreis der Verdächtigen ein, um dann doch im Finale eine überraschende Wendung zu präsentieren.
Ebenso sicher bewegt sich Ditfurth auf historischem Gebiet, bei dem es nicht gilt, Spuren zu legen, sondern nachvollziehbar dazustellen. Mit der sogenannten "wilden Arisierung" gerät ein Aspekt des Holocaust in den Blick, der sich für die kriminalistische Fiktion geradezu anbietet, da der Mord im Kriminalroman oft genug mit ökonomischen Motiven in Zusammenhang steht. Für eine kriminalistische Geschichtsschreibung besteht darin jedoch auch eine Gefahr: Beraubung, Enteignung und die anschließende Vernichtung der Juden scheinen wenig mit einem spezifisch deutschen Antisemitismus zu tun zu haben. So ist es folgerichtig, dass Historiker Stachelmann mit dem Buch "Hitlers willige Vollstrecker" des amerikanischen Historikers Daniel Goldhagen abrechnet, in dem er diesem vorhält, nicht nur abgeschrieben zu haben, sondern auch, dass Goldhagen den "Schuldkomplex" der "bundesdeutschen Erregungsgemeinschaft" angesprochen habe, "an dem meistens die leiden, die keine Schuld haben."
Wie eng persönliche Schuld und kollektive Verdrängung zusammenhängen, bekommt Stachelmann jedoch im Verlauf seiner Ermittlungen selbst zu spüren, da sie ihn dazu bringen, seinen Vater erstmals nach seiner Zeit während des Nationalsozialismus zu befragen. So wird er erfahren müssen, dass dieser schon 1932 in die SA eintrat und später Hilfspolizist war und dabei KZ-Häftlinge bewachte, die nach den Bombardierungen Hamburgs Blindgänger entschärfen mussten.
Gekonnt im Spiel von historischer Faktizität und plausiblen Fiktionen beinhaltet Ditfurths Nachbemerkung zum ersten Roman den Verweis, dass er die Personen und Ereignisse des Romans nicht hätte erfinden müssen, wenn alle deutschen Finanzämter ihre Akten aus der Zeit des Dritten Reichs offengelegt hätten. Gut für die Fiktion, schlecht für die Wissenschaft, möchte man meinen. Doch im gleichen Jahr 2002, als der Roman erschien, wurden durch das neue Bundesarchivgesetz die Sperrfrist für Finanzakten verkürzt: viel zu spät freilich. So ist nun auch den Historikern die Möglichkeit gegeben, die Geschichte der "Arisierung" - kein unbekanntes Kapitel innerhalb der Geschichtswissenschaften - mit neuem Aktenmaterial aufzuarbeiten.
Während Stachelmann in "Mit Blindheit geschlagen" mit ehemaligen DDR-Fluchthelfern und den Nachwirkungen der DDR-Staatssicherheit konfrontiert war, geht es in Christian v. Ditfurths neuem Kriminalroman "Schatten des Wahns" in die Niederungen des "deutschen Herbst" 1978. Wieder plädiert die historische Fiktion an die Authentizität, in dem sie an die Ermordung Ulrich Schmückers erinnert, der 22-jährig von der linksgerichteten "Bewegung 2. Juni" erschossen wurde.
Am Anfang stehen zwei Tote: Ossi Winter, Oberkommissar bei der Hamburger Kriminalpolizei, hat Selbstmord begangen. Zumindest lassen die Indizien dies vermuten. Stachelmann, der von Ossis Kollegin und Partnerin Carmen zu den Ermittlungen herangezogen wird, zweifelt jedoch daran. Denn ein Stapel alter Flugblätter und ein Zeitungsartikel über einen Mord an einem Revolutionär aus Heidelberger Studienzeiten in den Siebziger Jahren, als Stachelmann und Winter den Klassenkampf aufgenommen hatten, weisen in eine andere Richtung. War Ossi Winter den damaligen Tätern auf der Spur? Wurde er von ihnen umgebracht? Und wer steckte damals dahinter? Kam der Täter aus einer der linken Gruppierungen an der Heidelberger Uni, waren es Nazis, oder steckte der Verfassungsschutz dahinter? Genug Fragen für Historiker Stachelmann, den nicht nur sein kriminalistischer Spürsinn packt, sondern zunehmend auch die Auseinandersetzung mit der eigenen linken Vergangenheit antreibt.
Die politischen Kämpfe von einst sind während der Habilitation der Erinnerung entwichen, die immer länger werdenden Schatten des deutschen Herbstes sind verblasst. Nun werden sie dem Vergessen wieder entrissen. Stachelmann reist nach Heidelberg, um alte Revolutionäre und Freundinnen zu befragen. Die Erinnerung an die eigene Geschichte ist - zumal in der historischen Fiktion - mit persönlichen Verlusten und Trauer verbunden: die alten Heidelberger Freundinnen trinken zu viel Alkohol und haben einen schwankenden Gang, Stachelmanns Mutter hat eine Krebsoperation und liegt im Sterben. Die Jugend ist nicht mehr einzuholen.
Politisch ist die Trauerarbeit eine Reminiszenz an verlorengegangene Kämpfe. Der neue Krimi von Christian v. Ditfurth wird jedoch nicht nur zum Abgesang auf den Terrorismus, sondern auch auf die Ideale der Studentenbewegung. Eigentlich wissen alle Beteiligten - auch der Autor - nicht so recht, wofür man einst gekämpft hat. Stachelmann, dessen Geschäft es sein sollte, im Nachvollzug der Vergangenheit das politische Klima der Siebziger Jahre als historische Erfahrung aufblitzen zu lassen, entzieht sich zunehmend das Verständnis: Die Studentenproteste der Siebziger Jahre erscheinen entweder als übertriebener Aktionismus, als dröhnende Rhetorik. Oder aber sie beruhten auf der Bewunderung des "Massenschlächters Mao" oder dem "Unterdrücker Breschnew", auf politischen Wahnvorstellungen, deren Radikalität zum politischen Mord führte. Da bleibt nur die Kritik des Begriffs des "deutschen Herbstes", den die Protagonisten wiederholt als "liberales Gesülze" abtun. Warum die Zeit für bekennende Klassenkämpfer jedoch ein revolutionärer Frühling war, ist der Erinnerung entschwunden.
Stachelmann trinkt Mineralwasser und wird zur Aufklärung einen pensionierten Polizisten mit Gestapo-Vergangenheit engagieren, um zwei ehemalige Klassenkämpfer zu überwachen, die nun angesehene Heidelberger Rechtsanwälte und Ärzte sind. Der eigene politische Anspruch wird aufgegeben, wenn es um die Entdeckung von Mördern geht. Stachelmann wird sich selbst unheimlich, doch überwindet er schnell seine Krise.
Stachelmann ist davon überzeugt, dass der Historiker nicht die Geschichte des eigenen Handelns schreiben sollte. Das ist ein bisschen kokett, denn durch die detektivische Erinnerungsarbeit entsteht ein klärendes Bild der Vergangenheit, das mit Kritik nicht spart. Für Freunde des Serienkrimis, die gespannt sind, wie es im Privatleben des Herrn Dr. Stachelmann weitergeht, bleibt genug Stoff. Nachdem Stachelmann jedoch dem Nationalsozialismus, dem realexistierenden Sozialismus und dem deutschen Herbst kriminalistisch auf die Spur gekommen ist, bleibt die Frage, was die deutsche Zeitgeschichte thematisch noch zu bieten hat. Der Erzähler deutscher Geschichte als Kriminalprosa Christian v. Ditfurth wird sich sicher etwas einfallen lassen. Denn sein Protagonist ermöglicht ein Mitleiden an der Geschichte, die den Versuch der Aufklärung verdient.
Achim Saupe, Europolar, Nr. 7, November 2006
Bereits den dritten Roman mit dem von der Behörde ungeliebten Amateurkriminalisten Stachelmann legt Christian von Ditfurth mit "Schatten des Wahns" vor. Diesmal führt der Fall in die Nähe der eigenen Vergangenheit, der von Aufmüpfigkeit geprägten Zeit der Studentenrevolte, wo manche Begegnung mit dem linken Rand unvermeidlich war. Ein vor vielen Jahren geschehener Thingstättenmord erhält neue Aktualität, und Stachelmann muss sich über manches wundem - auch über seine damaligen Aktivitäten. Zeitgeschichte unaufdringlich und unterhaltsam vermittelt.
Die Presse (Wien), 30. September 2006
Ossi, Oberkommissar der Hamburger Kripo, hat sich
vergiftet. In seinen letzten Minuten las er anscheinend noch in 30 Jahre alten Akten über einen nie aufgeklärten Mord. Sein Freund, der an Schreibhemmung leidende Historiker Stachelmann, versucht herauszufinden, warum Ossi sich an die gemeinsame Studenten zeit in Heidelberg erinnern wollte. Damals, als man noch für eine antikapitalistische Weltordnung demonstrieren ging, ist an einer
einst von den Nazis errichteten "germanischen Thingstätte" ein Student hingerichtet worden. Was wusste Ossi, hat ihn die Vergangenheit eingeholt? Christian v. Ditfurth ist zum nachdenklichen, auch handwerklich überzeugenden Krimiautor gereift, und Stachelmanns dritter Fall, Schatten des Wahns, einer der interessantesten Krimis des Herbstes.
Der Standard (Wien), 28. Oktober 2006
Um den angeblichen Selbstmord seines Freundes aufzuklären, beschäftigt sich Stachelmann intensiv mit der eigenen Vergangenheit.
Dr. Stachelmann, Historiker an der Uni Hamburg und bereits zweimal unfreiwillig in Verbrechen verstrickt (zuletzt BP 04/1164), wird von der Nachricht aufgeschreckt, sein alter Freund Ossi Winter von der Kripo habe sich umgebracht. Seine Zweifel an dessen Freitod führen Stachelmann nach Heidelberg, wo er mit Ossi seine wilden Studentenjahre verbracht hat, verstrickt in und beteiligt an den Unruhen und Revolten der 68er Jahre. Hier war damals ein linker Student ermordet worden. Hatte Ossi mit der Sache zu tun? - Dem Autor gelingt mit diesem spannenden Roman einmal mehr eine überzeugende Kriminalgeschichte, die heute spielt, aber eine Episode aus der jüngsten Vergangenheit nachfühlbar lebendig werden lässt. Seine Charaktere sind gerade durch ihre Eckigkeit glaubhaft und gefallen in ihren menschlichen Schwächen und Unsicherheiten. Für jede Bücherei uneingeschränkt zu empfehlen.
Ulrike Braeckevelt, Buchprofile, 19. Oktober 2006
Es ist nach Mitternacht, als die Hamburger Oberkommissarin Carmen Hebel beim Historiker Josef Maria Stachelmann klingelt. Ihre Nachricht: Ossi ist tot. Oskar Winter war ihr Kollege und Stachelmanns Freund. Alle Indizien sprechen für Selbstmord - Ossi saß an seinem Schreibtisch, vor sich einen Aktenordner mit Flugblättern, Zeitungsausrissen und Protokollen aus den 70er Jahren. Aber Stachelmann zweifelt an dieser Theorie. Dies ist die Ausgangssituation in Christian von Ditfurths Krimi "Schatten des Wahns".
Die Akte auf dem Schreibtisch ist eine Spur. Ossi war kurz vor seinem Tod in Heidelberg, um ein Verbrechen aufzuklären, das 30 Jahre zurückliegt - den so genannten Thingstättenmord. Auch die Oberkommissarin glaubt nicht an Selbstmord und bestärkt Stachelmann in seinen Zweifeln. Der kann es wieder nicht lassen, er muss dem Geheimnis auf den Grund gehen. Damit setzt er die rechtzeitige Fertigstellung seiner Habilitationsschrift und auch die Beziehung zu seiner Partnerin Anne aufs Spiel.
Stachelmann sucht mit Carmen Hebel in Ossis schmuddelig-muffigem Appartement nach Spuren. Ein Einbruch kann ausgeschlossen werden. Ein Abschiedsbrief fehlt. An der Schläfe des Toten finden die Rechtsmediziner eine kaum sichtbare Rötung, eine Druckstelle. Auf Ossis Konten liegen 100000 Euro - woher kann ein Polizist so viel Geld haben? Beim Studium von seiner Akte findet Stachelmann Hinweise auf den Mord an der Thingstätte (eine in der Zeit des Nationalsozialismus nach dem Vorbild antiker Theater errichtete Freilichtbühne, die Propagandaminister Joseph Goebbels 1935 einweihte). Der Ermordete, als Linksextremist bekannt, war verdächtigt worden, für den Verfassungsschutz zu arbeiten. Der Mord wurde nie aufgeklärt.
Stachelmann ist überzeugt, dass der Schlüssel zu der Angelegenheit in der Studentenzeit zu finden ist. Ossi hat nämlich alle Unterlagen zu dem Mord gesammelt. Damit beginnen äußerst aufwändige Recherchen: Nach einem mysteriösen, Überfall und zwei ebenso unerklärlichen Todesfällen ergeben sich Spuren. Sie führen zu einem Rechtsanwalt und einem Arzt in Hamburg, beide waren beim Thingstättenmord dabei. Eine weitere Fährte führt nach Italien, wohin sich zwei ehemalige Genossen nach dem Mord abgesetzt hatten. Schließlich glaubt indes auch Stachelmann mindestens für einen Moment, dass Ossi doch Selbstmord begangen hat. Aber er hat bei seinen Recherchen etwas Wichtiges übersehen, das schließlich die Lösung bringt.
Stachelmann ist ein sympathischer, aber hoch komplizierter Mensch, was zur Folge hat, dass seine Ermittlungen ziemlich umständlich sind. Deshalb hat das Buch gewisse Längen. Die Spannung ist zwar gut aufgebaut mit der Beschreibung des Thingstättenmords am Anfang. Aber, die Tagebuch-Einschübe des einen Täters sind überflüssig. Das Ende kommt etwas abrupt, vielleicht hat auch der Autor plötzlich gedacht, es sei genug.
Manchmal übertreibt von Ditfurth es ein wenig mit der Häufung von Zufällen. Da fliegt Stachelmann nach Italien, des Italienischen nicht mächtig. Auf einer einsamen Bergstraße findet er einen verunglückten Motorradfahrer, den fährt er nach Hause, dessen Schwester spricht perfekt Deutsch, der Vater war in der linken Bewegung aktiv und weiß, wo der Mann zu finden ist, den Stachelmann sucht. Trotz aller Einwände: "Schatten des Wahns" bleibt spannend bis zum Schluss.
Sonja Kolb, Offenbacher Post, 21. September 2006
Wenn Christian von Ditfurth zu erzählen beginnt, sinken die Köpfe auf die Brust und die Augen schließen sich. Das Publikum ist konzentriert.
Christian von Ditfurth ist Schriftsteller. Sein Genre: Kriminalroman. Seine Hauptfigur: Stachelmann. Stachelmann ist Historiker an der Universität Hamburg und kommt regelmäßig mit Morden in Berührung. In dem aktuellsten Band "Schatten des Wahns" wird zuerst aus Stachelmanns Studentenzeit berichtet.
Aus den späten sechziger Jahren, wie könnte es auch anders sein? Es folgt ein Sprung um 30 Jahre in die Zukunft, und eine alte Bekannte steht morgens um 3.30 Uhr mit rot verweinten Augen vor seiner Haustür. Ihr Freund und ein ehemaliger Freund Stachelmanns sei verstorben. Und dies auf mysteriöse Weise - an einer Überdosis Insulin. Stachelmann macht sich auf, nach den gemeinsamen Wurzeln in der Heimatstadt Heidelberg zu suchen. Was er dort findet? Das verriet Christian von Ditfurth nicht.
Klischees erfüllt
Was er verriet: Bei der Recherche in einer Heidelberger Lokalzeitung stirbt unerwartet die Chefredakteurin bei einem Autounfall. Dem gespannten Publikum wurden Rätsel aufgegeben. Und das in einer kleinen Wittener Buchhandlung an einem gewöhnlichen Montagabend. Auf dem Rathausplatz kreischten Jugendliche und gut 50 Krimi-Groupies versammelten sich bei gedimmtem Licht in dem ehemaligen Lager im ersten Stock der Buchhandlung Lehmkul.
Christian von Ditfurth machte dem Klischee des routinierten Schriftstellers alle Ehre: Rotwein trinkend saß er unter einer messingfarbenen Leselampe auf einem schwarzen Podest und wirkte entspannter als die Zuschauerschar - die sich wie üblich erst nach Aufforderung in die erste Reihe wagte. Im Anschluss an die Lesung verriet der Autor der bisher erschienenen Trilogie, dass ein weiterer vierter Band in Arbeit sei. Genau genommen gerade Seite 326.
Wer sich insbesondere für Schreibstil, Themenfindung und Biographie des Schriftstellers begeisterte, konnte nach einer kurzen Pause noch einen ganzen Karren voller Fragen loswerden, die Christian von Ditfurth fast ausnahmslos beantwortete.
Aber wie es weitergeht mit Stachelmann und wer der Mörder ist, wird für diejenigen, die nicht gerne lesen, wohl immer ein Rätsel bleiben.
Christine Wagner, Ruhrnachrichten, 11. Oktober 2006
"Ich muss für einen Historiker, der in der Jetzt-Zeit arbeitet, Fälle finden, die plausibel erscheinen - nicht wie bei Miss Marple, der die Leichen vor die Füße fallen", sagt Krimi-Autor Christian von Ditfurth. Der Sohn des Wissenschaftsjournalisten Hoimar von Ditfurth stellte am Montag in einer gemütlichen Lesung bei Lehmkul den dritten Band seiner Krimi-Reihe vor.
Der beginnt mit einem Mord in der Endphase der Studentenbewegung in Heidelberg 1978. Knapp 30 Jahre nach dem Geschehen auf der Thingstätte erfährt Hobby-Ermittler Josef Maria Stachelmann, dass sein Freund Ossi tot ist. "Ich fand es spannend, Stachelmann mit seiner eigenen Biographie zu konfrontieren", kommentiert von Ditfurth. Oberkommissar Oskar Winter von der Hamburger Kripo und Stachelmann kennen sich aus den Heidelberger Tagen. Vor seinem Tod hatte sich Ossi mit dem unaufgeklärten Thingstätten-Mord beschäftigt. Stachelmann glaubt nicht an Selbstmord, sondern vermutet einen Zusammenhang. Er will die Spuren der damaligen Täter verfolgen und so Ossis Mörder finden.
"Mir gefällt, dass es Bücher sind, die man einfach lesen kann, die aber trotzdem zum Nachdenken anhalten", sagt Zuhörer Hans-Peter Pohl. Stachelmann erscheine so menschlich, dass man sich in ihm wiedererkennen könne. Auch die Wittenerin Ulla Weiß schwärmt für von Ditfurth und seinen Hobby-Ermittler. Sie hat die beiden ersten Bände gelesen. Durch die Krimis lerne sie Lebensbereiche kennen, zu denen sie sonst keinen Zugang habe, sagt die 46-Jährige.
Die Handlungen sind im konkreten Fall fiktiv, aber haben einen geschichtlichen Hintergrund. "Alle Krimis haben ein Thema, meins ist die Geschichte", sagt von Ditfurth. Der Schalke-Fan ist - genau wie sein erfundener Held - Historiker. Und der kommt in ihm immer wieder durch. "Ich verschwende viel Zeit für die Recherche. Das sage ich bewusst, da ich aus Privatinteresse mehr verfolge, als es für die Bücher nötig ist", sagt der 53-jährige Lübecker. Trotz der Parallelen und obwohl oft anders vermutet, stecke von ihm nichts in Stachelmann, betont er. Sich selbst sieht er als schlichten Menschen. "Ein Schriftsteller muss sich bemühen, dass sein Leser ihn versteht, und jedes überflüssige Wort streichen", sagt er zu seinem Stil. "Statt viele Worte die richtigen." Klingt einleuchtend.
Aber mit der Plausibilität ist es bei Christian von Ditfurth so eine Sache. "Das klingt plausibel", sagt er zu Stachelmanns Vorhaben, mit dem Thingstätten-Mord auch Ossis Tod aufzuklären. "Aber das sind die Dinge nicht. Ich liebe sowas.
Astrid Stolberg, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 11. Oktober 2006
Der Historiker Christian von Ditfurth (geboren 1953) hat geistvolle historische Fiktionen nach dem Motto „Was wäre gewesen, wenn ...?" geschrieben. Aber auch seine Kriminalromane um den unheldischen und durch die Umstände zum Ermitteln gedrängten Historiker (!) Stachelmann sind eine lohnende Lektüre. Die Lizenz für die drei bisher erschienenen Titel (über 250000-mal verkauft) wurde gerade von einem amerikanischen Verlag erworben. Dieser Stachelmann bekommt sein Leben einfach nicht in den Griff. Die Schlussdurchsicht seiner Habilitation schiebt er vor sich her, und seine Beziehung zu Anne, die sich aus Frust ein Kind von einem anderen machen ließ, lässt er gefährlich schleifen. Hingegen findet er auch diesmal wieder genügend Zeit und Energie, sich mit fremden Biografien zu befassen und dabei selbst in Gefahr zu geraten.
Als der Polizist Oskar Winter tot an seinem Schreibtisch gefunden wird und der an Selbstmord glaubende Staatsanwalt die Ermitlungen einstellt, wird Stachelmann stutzig. Sein Kumpel „Ossi" aus den revoluzzerhaften Siebzigern an der Uni Heidelberg hat sich ganz bestimmt nicht umgebracht, und schon gar nicht mit Gift!
Und wieso lag unter dem Kopf des Toten ein Aktenordner mit Papieren aus eben jener Zeit? Dieser Spur, die nach Heidelberg führt, folgt Stachelmann und lässt dafür wortbrüchig einen Urlaub mit Anne ausfallen. Tatsächlich war Ossi kurz vor seinem Tode dort. Ging es ihm um den Mord an einer "Thingstätte" der Nazis, bei dem ein militanter Linker umgebracht worden war, weil man ihn als Polizeispitzel verdächtigte? Stachelmann muss Prügel einstecken und eine Reise nach Italien antreten, wo er einen angeblich Toten findet, der tatsächlich nicht mehr lange zu leben hat. Die Wahrheit über jenen Mord vor langer Zeit enthüllt sich ihm nach und nach. Doch was Ossis Tod angeht, hat er sträflich jemanden übersehen, der Zugang zu dem neuartigen tödlichen Gift hatte, das ihn umbrachte. Dieser Jemand hat auch die meisterliche falsche Spur gelegt und will nun Stachelmann umbringen.
Rainer Rönsch, Sächsische Zeitung, 4. Januar 2007
Der Historiker Stachelmann kämpft mit seiner wissenschaftlichen Arbeit und seiner Liebesbeziehung, als er erfährt, dass sein alter Freund und Genosse Oskar, ein Polizist. Selbstmord gemacht haben soll. Der Tote lag auf Akten aus den späten Siebzigerjahren, in denen es um den nie aufgeklärten Mord an einem linksradikalen Studenten geht. Stachelmann glaubt nicht an Suizid und begibt sich zurück in seine eigene Vergangenheit. Doch Oskars Tod hat ganz andere Gründe. Ein unterhaltsamer Krimi, der raffiniert falsche Spuren legt und ebenso schön in der Geschichte wühlt, wie er die Gegenwart darstellt.
Wolfgang Bartlik, 20minuten, 16. Januar 2007
"Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen", ist eine Erkenntnis William Faulkners, die seit ihrer Veröffentlichung vor 70 Jahren täglich neue Bestätigung erfährt. Das Zitat könnte auch als Motto über Christian von Ditfurths Roman "Schatten des Wahns" stehen, den er im Rahmen des 4. Marburger Krimifestivals am Dienstagabend im Marburger "Szenario im Auflauf" vorstellte.
Viele, vornehmlich weibliche Krimifans waren der Einladung von Mediakontakt Laumer, "Strömungen" und "Rotem Stern" gefolgt, wie man bei den Krimilesungen der vergangenen Tage ohnehin den Eindruck gewinnen kann, dass sich dieses Genre an der Lahn vor allem bei Leserinnen großer Beliebtheit erfreut.
"Wenn Ditfurth Krimis schreibt, weiß er, worüber er schreibt", führte Pit Metz, ein Marburger Schul- und Studienfreund des Autors, in die Lesung ein und erinnerte an die "kriminelle Vergangenheit" des heute in Lübeck lebenden Schriftstellers, der schon als Vierzehnjähriger wiederholt zum Schulleiter zitiert wurde, weil er den Hausmeister zunächst überhaupt nicht und nach der Ermahnung demonstrativ mehrmals täglich gegrüßt hatte. Mit solchen Petitessen hält sich Josef Maria Stachelmann, Geschichtsdozent in Hamburg, unfreiwilliger Detektiv und die Hauptfigur in Ditfurths nunmehr drittem Stachelmann-Krimi nicht auf.
Reise in die Vergangenheit
Er begibt sich vielmehr auf eine Reise in seine Vergangenheit, nachdem ein Freund von ihm möglicherweise ermordet wurde und die Spur ins Heidelberger Studentenmilieu der siebziger Jahre führt. Ein Mord in einer Thingstätte, die einst Goebbels eingeweiht hatte, wirft Schatten bis ins neue Jahrtausend.
Das ist spannend, liest sich streckenweise sogar vergnüglich und hat die gesellschaftspolitische Brisanz, die gute Krimis auszeichnen.
Allerdings weiß Ditfurth auch in der Tat, wovon er schreibt. War er doch selbst in der Unistadt am Neckar in jenen Jahren Geschichtsstudent und hatte als Aktivist im Marxistischen Studentenbund Spartakus (MSB) im konservativen Heidelberg einen denkbar schweren Stand.
Mehr ums Studentendasein einst und jetzt als um den Krimi ging es denn auch in der anschließenden Diskussion.
Und auf die Frage, warum er einst als politisch aktiver junger Mann nicht im vermeintlich linken Marburg studiert habe, hatte der Krimiautor auch eine schlüssige wie augenzwinkernde Antwort parat: "Als MSB-Mitglied in Marburg zu studieren, wäre ja gewesen wie im Wohnzimmer zu sitzen."
Guntram Lenz, Marburger Neue Zeitung
Dass in Krimis nicht nur gelernte Kommissare ermitteln, ist nichts Neues. Dass gelernte Kommissare das Opfer sind, ist wesentlich seltener. In Christian von Ditfurths neuestem Roman "Schatten des Wahns" kommt beides zusammen: Das Opfer ist Oberkommissar Oskar "Ossi" Winter, der unfreiwillige Ermittler wieder - zum dritten Mal bereits - der Historiker Josef Maria Stachelmann, der nicht an die nahe liegende Theorie vom Selbstmord des Freundes glauben will. Stachelmanns heiße Spur ist ein Aktenordner über einen Mord in den siebziger Jahren, als Stachelmann und Winter gemeinsam in Heidelberg studiert und an die Revolution geglaubt haben. "Der Glaube an den Wahn verbindet die Wahnsinnigen enger, als Außenstehende sich das vorstellen können. Aber wenn der Wahn geplatzt ist, bleibt nur wenig übrig. Vor allem die Erinnerung an Zeiten des Wahns", beschreibt Stachelmann selber sein distanziertes Verhältnis zu seiner Vergangenheit, mit der er sich gleichwohl noch einmal konfrontiert sieht. Nur: Führen die Spuren in die Vergangenheit auch zu Oskar Winters Mörder? "Vielleicht ist Stolpern in einigen Fällen die einzig vernünftige Fortbewegungsweise", heißt es an einer Stelle. Und so stolpert Stachelmann von einer Theorie und Verlegenheit zur nächsten und nimmt auch sein Privatleben von diesen Irrungen und Wirrungen nicht aus. Und löst auf diese nicht unbedingt professionelle, aber durchaus sympathische und glaubwürdige Art auch seinen dritten Fall. Und so ist auch dieser Krimi: nicht reißerisch und nicht immer mitreißend, aber sympathisch.
Hans Pöschko, Waiblinger Kreiszeitung, 15. Februar 2007
Ein "Igel" also (Stachelmann, nicht gerade liebenswert) zeigt, dass in deutschsprachigen Ländern heute wieder politische Krimis lesenswert sind. Christian von Ditfurth heißt der Autor jener Bücher. NILS JENSEN hat mit Ditfurth gesprochen.
Keine besonders einnehmende Person ist er, der Josef Maria Stachelmann (nomen est omen). Ein "Stachelmann", einer, der Beziehungen schwer aushält und ständig menschliche Nähe hinterfragt. Dazu ist er ausgebildeter Historiker, arbeitet an der Uni, soll seine Habilitationsschrift demnächst fertigstellen, sein Ordinarius wartet darauf.
Stachelmann übrigens auch: Er schreibt, besser kürzt, schreibt um, ist sich nicht sicher, hat außerdem ziemliche Arthroseprobleme (wacht nächtens mit Schmerzen auf, muss Pülverchen nehmen, kein wirklicher Hypochonder, denn die Schmerzen sind echt). Und seine Beziehungssituation ist auch nicht ohne.
Dieser Stachelmann gerät mit seinem ganzen persönlichen Schlammelsurium zudem in ziemlich verwickelte Zusammenhänge, Umstände, Wegzeiten: Er ist ja kein Tollpatsch, er ist kein Idiot, der alltagsuntauglich werkt. Aber es kommt, wie er es nie erwartet hätte: Er gerät mitten in eine Aktensuche, die mit einer ziemlich mörderischen Jagd endet. Stachelmann merkt zum ersten Mal, dass er mitten in einem verzwickten Fall steckt, als Beteiligter, wie auch immer.
Und das passiert ihm inzwischen schon drei Mal. Dabei ist Stachelmann auch kein Trottel. Und sein Erfinder, Christian von Ditfurth, ebenso wenig. Der ist Historiker wie sein Protagonist, lebt in der Nähe von Lübeck und erdachte sich die (inzwischen drei) Fälle um den etwas verschrobenen Wissenschaftler Stachelmann.
Bitte, wieso schreiben Sie als Historiker einen Historiker-Krimi, Herr Ditfurth?
Wäre ich ein Apotheker, meint Ditfurth im Gespräch in Wien trocken, schriebe ich einen Apothekerkrimi. Denn dann kenne ich mich im Metier aus. Rede keinen Unsinn. Außerdem gibt es Apothekerkrimis bereits, und Historiker als Krimi-Schlüsselpersonen sind mir unbekannt. - Mir auch. Weitere Frage: Sie wählten ziemlich konkrete Titel für die Stachelmann-Fälle. Zufall oder Absicht?
Die Titel, meint Ditfurth, sind auch Hinweise auf die Buchinhalte; hat man das Buch gelesen, wird alles sonnenklar. Im ersten, "Mann ohne Makel", findet der Protagonist ein Stück eigener Geschichte, nämlich etwas über seines Vaters Vergangenheit. Der Vater stirbt, war nicht schuld am abgelaufenen Plot, lässt aber den Sohn doch betroffen zurück. Im nächsten Buch, "Mit Blindheit geschlagen", geht es gar nicht mehr um den Vater, sondern um Stachelmanns Existenz als Historiker, der sich ja habilitieren soll, und dann stirbt sein größter Konkurrent für den Lehrstuhl eines etwas unnatürlichen Todes, und Stachelmann, irgendwie, der Verstrubbelte, wacht auf im Bett der betörenden Gattin des Konkurrenten, die ihren Mann sucht, weil der nicht aufgetaucht, und Stachelmann könnte ihr doch bei der Suche helfen ... schlimm.
Er gerät unter Mordverdacht etcetera, bis sich die Lösung ergibt.
Im Fall Nummer drei steht Stachelmanns Vergangenheit als Student in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts wieder auf. Sein Studienfreund Ossi, Kriminalkommissar, wird tot auf seinem Schreibtisch gefunden. Hingeklatscht auf einer Akte über die Siebzigerjahre. Eine irrwitzige Geschichte, die in ganz andere Bahnen gerät als erdacht. "Schatten des Wahns" ist das Buch betitelt, und der "Wahn" ist das Entscheidende schlussendlich: Jener von schräg-, sprich fehlgeleitetem politischem Denken damals und jener, der sich aus der subjektiven Anschauung viel, viel später, heute, erbaut. Da steht Stachelmann vor seinem Spiegel.
Ditfurth ist nicht nur Historiker, sondern auch Krimifan. Seine Vorlieben für Sjöwall/Wahlöö, die schwedischen Großmeister des Genres, oder für die Franzosen des Roman Noir, etwa Manchette, sprechen für sich. Und seine Romane sind angelegt wie jene der Franzosen, mit dem sozial engagierten Touch der Schweden.
Ditfurth, aus einer nicht gerade unengagierten Familie kommend - Vater Hoimar ist deutschen TV-Zusehern wohl immer noch bekannt mit seinen Wissenschaftssendungen, Schwester Jutta als eine der Grünen-Mitgründerinnen in Deutschland -, Sohn Christian also legt ebenso wenig seine bekennende Linie ab und schreibt die Romane, die Krimis wie Sozialreportagen zugleich sind, als spannende Bücher um eine Person, die nicht gerade einnehmend ist, aber doch neugierig macht auf den nächsten (Um-)Fall. Schließlich möchte Stachelmann auch mit Lebensabschnittspartnerin Anne plus deren Kind was weiterbringen.
Das wohl wünschen sich die Leserinnen und Leser ebenfalls. Ein deutscher Krimi mit zeitgeschichtlichem Hintergrund, sorglich recherchiert und gut ausgestattet mit Spannung, historischem Wissen und spezieller Thematik - nicht nur lesenswert, sondern auch packend.
Nils Jensen, Buchkultur 111, Juni/Juli 2007
Stachelmanns täglicher Heimweg führt ihn vom Bahnhof kommend vorbei am Salon Figaro und der Apotheke am Lindenplatz zur Puppenbrücke. Dort könnte er zum Beispiel den Ruderern beim Training auf der Trave zusehen und das üppige Grün am Ufer genießen. Doch derartige Gemütsanwandlungen sind Stachelmann fremd. Er geht weiter zum Holstentor, lässt das Wahrzeichen der Stadt Lübeck aber in jeder Hinsicht links liegen. Am Ende der Holstenbrücke muss er sich entscheiden: geht er nach Hause, wendet er sich nach rechts, an der Obertrave entlang, einer Postkartenstraße mit Giebelhäusern und den historischen Salzspeichern jenseits des Flusses, der Weg führt vorbei an der Altstadt-Apotheke und der Musikhochschule, in die Dankwartsgrube und die Lichte Querstraße. Wenn er nicht direkt nach Hause geht, biegt Stachelmann an der Holstenbrücke nach links ab, an die Untertrave. Dann geht er in sein Stammlokal, das Ali Baba. Dahin zieht es ihn, wenn er nicht gut drauf ist. Und Josef Maria Stachelmann ist oft nicht gut drauf. Man könnte sagen, er ist ein übellauniger Miesepeter.
An diesem Abend hat das Ali Baba geschlossen. "So ein Scheiß!" , entfährt es Christian von Ditfurth. Er hat vor dem Lokal gewartet, nicht ahnend, dass der türkische Wirt sein Gasthaus mitten im Touristensommer umbaut. Dabei hat Ditfurth das Lokal bekannt gemacht, seitdem er Josef Maria Stachelmann immer wieder hier einkehren, gut essen und seinen Frust ertränken lässt. Ditfurth ist der geistige Vater von Stachelmann. Der Wirt empfiehlt per Aushang als Ausweichlokal das Merhaba zwei Straßen weiter. "Um etwas mehr Lokalkolorit zu spüren, müssten wir in die Schiffergesellschaft" , sagt Ditfurth. Das holen wir später nach.
Mit Josef Maria Stachelmann hat Christian von Ditfurth einen ziemlich eigenwilligen Ermittler in die deutsche Krimilandschaft gepflanzt und zur Blüte gebracht. Durch Zufall wird der Historiker Stachelmann, Assistent an der Universität Hamburg, in eine Mordserie hineingezogen. Sein alter Studienfreund Ossi, inzwischen Kommissar in Hamburg, braucht fachlichen Rat. Aus dem Berater wird ein eigensinniger Ermittler, am Ende übernimmt der einsame Wolf Stachelmann faktisch den Fall — und klärt ihn auf.
Durch einen ähnlichen Zufall kam der Historiker Christian von Ditfurth zum Krimischreiben. "Ich war im Urlaub und habe einen ziemlich schlechten Krimi gelesen. Da dachte ich: Das kannst du auch." Zu jener Zeit beschäftigte er sich gerade mit dem Thema Arisierung jüdischer Vermögen in der Zeit des Nationalsozialismus. Die großen Fälle wie Hertie seien weitgehend aufgearbeitet. Aber es gab ständig Zwangsversteigerungen von beschlagnahmtem jüdischem Vermögen. "Die Herkunft der Sachen war kein Geheimnis, das wurde so angekündigt. Und da haben sich viele beteiligt und bereichert, ganz normale Bürger. Das hat mich interessiert." Wieso nicht das eine, das historische Interesse, mit dem anderen, der guten und spannenden Unterhaltung, verbinden? Es war die Geburtsstunde von Josef Maria Stachelmann. Die Lektorin riet von dem sperrigen Namen ab, Ditfurth bestand darauf. Er kann hartnäckig sein, darin ist ihm Stachelmann nicht unähnlich. Und Ditfurth, Sohn eines bekannten Journalisten und Bruder einer nicht ganz unbekannten Politikerin, ist selbstbewusst genug, nicht zu schnell von einer eigenen Idee abzurücken. Dafür hat ihm die Lektorin geraten: "Wir machen eine Reihe draus."
Ditfurth war einverstanden, auch wenn er nicht genau wusste, was das konkret bedeutet. Denn bis dahin hatte er vor allem historische Sachbücher und Romane zwischen Fiktion und historischer Realität geschrieben. Doch schon bald wurde ihm klar, dass Figuren in Krimireihen eine Entwicklung brauchen, in ihrem Leben muss sich etwas verändern, die Nebenrollen müssen sehr sorgfältig besetzt werden, die Beziehungen der Figuren sind nicht statisch.
Wird Stachelmann im ersten Fall noch als Experte zugezogen, ist er im zweiten Opfer einer Intrige und gerät unter Mordverdacht: In seiner Wohnung in Lübeck geschehen eigenartige Dinge. Ditfurth ist über Stasi-Akten auf das Thema gestoßen. Er las dort, mit welch perfiden Methoden Geheimdienste ihre Gegner psychisch zersetzten, wie sie Menschen und Existenzen vernichten. Im dritten Band spielt die Vergangenheit als Student in Heidelberg in den 70er Jahren eine zentrale Rolle, die politischen Verirrungen einer Generation — es ist der Band mit den meisten autobiografischen Bezügen. Im vierten Band steht die Universitätskarriere seines Doktorvaters und Förderers im Zentrum.
Im ersten Fall überwirft sich Stachelmann mit seinem Vater, wie es so viele aus Ditfurths Generation getan haben. Es kommt zu einem tiefgründigen, weil am Ende sprachlosen Dialog zwischen Vater und Sohn. "Die können sich nicht verständigen, denn sie leben in zwei Welten" , sagt Dittfurth. Ohne es zu sehen. "In der historischen Debatte mit dem Vater ist der Historiker Stachelmann zunächst Sohn" , sagt Ditfurth. Autobiografisch sei dieser Konflikt nicht, dafür aber generationstypisch. Im zweiten tritt eine Frau in sein Leben, sieht er einen Zug aus einer ganz neuen Perspektive. Im dritten Band kommt er zu einem Motorradunfall und stirbt sein alter Freund Ossi, am Ende des vierten verlässt Stachelmann die Universität. "Ich musste ihn von der Uni wegschreiben, das hätte mich auf Dauer zu sehr eingeengt."
Ob Stachelmann dennoch auch im fünften Band wieder täglich mit dem Regionalexpress von seinem Wohnort Lübeck nach Hamburg pendelt? So viel lässt Ditfurth anklingen: Stachelmann wird ein Büro für historische Recherchen eröffnen und einen Mitarbeiter einstellen.
Seit zehn Jahren lebt Ditfurth in der Nähe von Lübeck, das Verhältnis zu der Stadt ist kompliziert. Obwohl allein sein erster Stachelmann-Krimi inzwischen die 100 000-Grenze bei der Auflage erreicht hat und die Bücher in vielen Ländern erschienen sind, hat er hier noch nie gelesen. Eine örtliche Buchhandlung hat ihn lediglich einmal in ihre Filiale in Kiel eingeladen.
Was vielleicht auch daran liegt, dass Ditfurth seinen Stachelmann zwar in der Hansestadt wohnen lässt, dass er hier und da etwas Atmosphäre einstreut, dass er sich aber der Hanse-Mann-Grass-Brandt-Nostalgie verweigert, weil er sie für eine reine Inszenierung einstiger Größe und Bedeutung sowie der berühmten Söhne der Stadt hält.
Ditfurth trinkt sein Glas leer, erhebt sich und führt den Besucher zum besseren Verständnis des Gesagten zum Rathaus. An den historischen Backsteinbau und die Marktarkaden aus dem 15. Jahrhundert ist ein gesichtsloser Verwaltungsbau geklatscht, ein Textilkaufhaus mit allem, was zu einer ordentlichen Bausünde gehört, und eine Ladenzeile aus Blume 2000, Pommes Point, Subway und Phone-House bilden den Rahmen des davor liegenden Platzes. In der Schiffergesellschaft riecht es nach Bratkartoffel und Fisch, alte Tische und Bänke stehen in dem dunklen, holzgetäfelten Raum, Schiffsmodelle hängen von der Decke. "Haben Sie eine Vorstellung, was hiervon wirklich historisch ist?" , fragt Ditfurth. Das könnte die Stimme Stachelmanns sein. Alles Hülle, Nepp, in dieser Beurteilung sind beide aus dem gleichen Holz geschnitzt. Nein, das ist nicht sein Stil, Ditfurth dreht ab, geht weiter in die Mengstraße. Vor dem Buddenbrookhaus steht eine Schulklasse und hört sich geduldig einen vorbereitenden Vortrag an. "Das ist die Kulisse zur Förderung des Tourismus. Berühmte Leute werden für das Stadtmarketing instrumentalisiert. Dass sich jemand in der Stadtverwaltung ernsthaft für Thomas Mann und seine Literatur interessiert, bezweifele ich."
Die Stadt kämpft, denn sie verliert seit 40 Jahren Einwohner, sie ist auf 211 000 geschrumpft, sie hat schlechte Karten im Kampf um Gewerbeansiedlungen, seitdem die Zonenrandförderung weggefallen ist und die kleinen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern großzügig und billig Flächen anbieten können? "Wir werden zunehmend zu einer Schlafstadt für Hamburg." 66 Kilometer sind es. Auf dem Weg zum Bahnhof kann Stachelmann jeden Morgen die Zahl auf dem Schild am Lindenplatz lesen.
Dass er auf dem Weg zum Bahnhof an zwei Apotheken vorbeikommt, ist ein wichtiges Detail. Denn Stachelmann leidet unter einer schweren Arthritis und benötigt permanent Schmerzmittel. An diesem Punkt, sagt Ditfurth, kommen sich der Autor und seine literarische Figur nahe. Ditfurth, 55, die kurzen Haare ergraut, hohe Stirn, markanter Kiefer, lässt vieles offen an seiner Hauptfigur: Alter, Statur, Größe, Haarfarbe. "Da soll der Leser Freiheit haben, sich ein Bild zu schaffen." In seinem Alltag ist Stachelmann zaudernd, konfliktscheu, beziehungsunfähig, verstockt und störrisch. Alles andere als das Alter Ego des Autors ("Meine Freundin würde nicht sagen, dass ich beziehungsunfähig bin" ) und alles andere als ein geborener Sympathieträger. Doch wenn er auf dem Bett liegt, von Schmerzen hingeworfen, dann ist er nicht nur Ditfurth ähnlich, dann regt sich beim Leser auch Mitleid. Ohne seine Krankheit wäre Stachelmann kaum erträglich.
"Ich kann nur über etwas schreiben, bei dem ich mich auskenne. Das ist bei den historischen Themen so, das ist bei dem Handicap so, das ich Stachelmann mitgegeben habe." Ditfurth leidet unter Rheuma und kennt die Zustände anhaltenden Schmerzes nur zu gut. Und darüber hinaus? Ditfurth wehrt ab. "Wenn ich als Selbstständiger so arbeiten würde wie Stachelmann, könnte ich nicht leben." Stachelmann sei eher typisch deutsch: Er lebe in einem privilegierten Status mit großer Freiheit, bester sozialer Absicherung, aber er fühle sich gefangen und jammere — auf sehr hohem Niveau.
Wie lebt es sich in Lübeck? Das Kinoprogramm biete nur Mainstream, die historische Bausubstanz sei nur Fassade, das Theater befinde sich auf künstlerisch bescheidenem Niveau. Die Sätze könnten von Stachelmann stammen. Sie stehen jetzt so im Raum, bleiben unwidersprochen. Der Besucher dagegen freut sich an der Vielfalt der Giebel, den nach außen geöffneten alten Doppelfenstern, dem Backsteinmauerwerk. Ditfurth strebt ins Café Niederegger. Kubikmeterweise Marzipan: als rosa Schweinchen und als braune Kugel, offen und abgepackt, mit Schokoüberzug oder als Rohmasse, in Form einer Scholle, eines Seesterns oder eines Krebses, einer Comicfigur in Blau, einer Banane in Gelb oder einer Erdbeere in Rot. Der Verkaufsraum ist überfüllt, es herrscht eine fast babylonische Sprachenvielfalt. An jedem Klischee, sagt Ditfurth bei anderer Gelegenheit, ist etwas dran. Sonst gäbe es das Klischee nicht.
Erst spät führt der Rundgang in jene Gassen und Innenhöfe, die das besondere Flair der Stadt ausmachen. Wollte er sich die Schätze aufsparen oder verborgen halten? Es geht in Ecken, wo die Bewohner die Vielfalt von Lebensstilen demonstrieren. Wo aus einem offenen Küchenfenster der Duft von einem frischen Espresso dringt und man im Vorbeigehen drinnen auf dem Gasherd das kochende Wasser sprudeln hört. Und die Bewohner freundlich guten Morgen wünschen.
Am Ende dann doch noch eine warme, versöhnliche Empfehlung. Lübecks Altstadt ist vollständig von Wasserstraßen umschlossen. "Wenn Sie das nächste Mal hier sind, machen sie eine Rundfahrt mit dem Boot. Sie bekommen einen ganz neuen Blick drauf." Vielleicht sogar auf einen mürrischen Mann ohne Alter, eine Tasche mit historischen Fachbüchern an der Hand, der gedankenversunken auf dem Weg von der Lichten Querstraße Richtung Bahnhof an der Trave entlangeilt.
Franz Schmider, Badische Zeitung, 31. Juli 2008